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II. Das eheliche Güterrecht, h
tz 435.
Einleitung: Ehepakten und gesetzlicher Güterstand.
I. Tie Wirtschaftsordnung hat es nicht wie die Rechtsordnung mit
Einzelnen, sondern mit Familien zu tun. Diese sind die wirtschaftlichen
Einheiten. Innerhalb.der Familie hat der Unterschied zwischen Mein
und Tein unter normalen Verhältnissen geringe Bedeutung. Die Frage,
ob irgend ein während der Ehe für den Haushalt angeschaffter Gegen
stand dem Manne oder der Frau oder beiden gehört, ist um so schwerer
zu lösen, je gleichgültiger sie im Augenblick des Erwerbes den Beteiligten
ist. Aber hinterher nötigen bald Zwangsvollstreckung oder Konkurs, bald
Scheidung oder Trennung und schließlich der Tod dazu, den Rechtskreis
des Mannes von dem der Frau abzugrenzen. Im Hinblicke auf solche
Ereignisse, nicht um — wie sonst bei Verträgen, z. B. über Gesellschafts-
Verhältnisse — die gegenwärtigen Beziehungen zu ordnen, werden die
güterrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten in den Ehepakten in oft recht
künstlicher und den Gatten selbst schwer verständlicher Weise geregelt, und
eben jene Ereignisse hat auch der Gesetzgeber im Auge, wenn er den
ohne Ehepakten geltenden Güterstand festsetzt. Nicht nur die Ehepakten,
sondern auch die gesetzlichen Güterstände der verschiedenen Staaten bieten
darum, trotz der un wesentlichen gleichen Auffassung der Ehe, ein merk
würdig buntes Bild. Gesetzlich gilt bald ? Gütertren nung, bald /Gü't 'er-
tzeEjWgg, bald ^Wter^meinjlHaft in mamherlci"Spielarten uno Übet-
gangsformen. Bei deT''Gütertrennung ist das Frauengut dem Alaune
ganz entzogen, bei der Güterverbindung 2 ) wird es ihm zur Nutznießung
überlassen, bei der Gütergemeinschaft vereinigen sich die Vermögen beider
Ehegatten. Tie Gütertrennung gilt als gesetzlicher Gütcrstand in Öster
reich, England, Italien, Rumänien, Rußland. Doch nähert sich die öster-
typen (1915) S. 16, Nabel a. a. O.
S. 112.
1 Ogonowski, Österreichisches Ehe
güterrecht I (einziger) Bd. 1880,
v. Anders, FamR. §8 22ff., Grundriß
W 25ff., Krasnopolski, Lehrb. IV
88 26ff., M. Reich, Das Ehegüterrecht
in den deutschen Teilen von Steier
mark, Kärnten nud Kinin Festschr. 1811
I S. 361 ff. — Deutsches Recht: Neu
stadt, Das Eherecht 1910 S. 354ff.
Geschichtliches: Siegel, Das Güter
recht der Ehegatten im Stiftslande
Salzburg 1882, Czyhlarz, Zur Ge
schichte des ehelichen Güterrechtes im
böhmisch-mährischen Landrecht 1883,
v. Voltelini, Zur Geschichte des ehe
lichen Gütsrrechtes in Tirol 1898,
Bartsch, Eheliches Güterrecht im Erz
herzogtum Österreich 1905, Ders.,
Das eheliche Güterrecht in der Summa
Raymnnds von Wiener-Neustadt 1912,
Hradil, Untersuchungen zur spät
mittelalterlichen Ehegüterrechtsbildnng.
I. Das Heiratsgut 1908, I. Psaff, Zu
8 1237 ABGB., NotZ. 1921 Nr. 5. --
D. Ullmann, Die Stellung der Ehe
gatten im Konkurse, Grünhuts Zeitschr.
4, 91. — Reforinfragen: Kafka in der
GZ. ,1908 Nr. 50.
2 ) „Güterstand der ehemännlichen
Verwaltung und Nutznießung", oft
(nach R. Schröder) als „Verwaltungs
gemeinschaft" bezeichnet. Den Ausdruck
„Güterverbindung" hat das Schweiz.
ZGB. gewählt.