Full text: Familien- und Erbrecht (Bd. 2, 2. Hälfte)

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8 441 . 
Verfügungen über die Nutzungen soll der Mann ohne diese Einschrän 
kung befugt sein. Aber seine Bertretungsmacht beruht ja nicht auf 
einer allgemeinen Vollmacht, die erst im Wege der Auslegung einge 
schränkt werden müßte, sie ist vielmehr von vornherein auf das Er 
fordernis der Verwaltung beschränkt. Weiter reicht sie nicht, aber so 
weit reicht sie. 
H 441. 
L. Die Morgengabell) 
I. Schon im Mittelalter hatte die Morgengabe ihre ursprüngliche 
Bedeutung eingebüßt; der Ausdruck bezeichnete sehr verschiedenartige Zu 
wendungen. 2 ) In der Kodifikationszeit verwendete man ihn für Gaben 
des Mannes, did als Schenkungen gelten, aber von dem hie und da 
noch bestehenden Verbote der Schenkungen unter Ehegatten ausgenommen 
werden sollten. Zur Erläuterung der Konkursordnung erlassene Hof- 
dekrete^) erklärten die Morgcngabe ausdrücklich für eine Schenkung. An 
läßlich der Begutachtung eines Vorentwurfes zum Westgalizischen Gesetz 
buche beantragte die Landeskommission in Krain, eine Bestimmung über 
die Morgengabe in das Gesetzbuch aufzunehmen, da sie fast in allen 
Heiratsverträgen verabredet sei, und zwar solle die Morgengabe als eine 
gewöhnliche Schenkung behandelt werden. ß 1232 entspricht diesem Vor 
schläge, insofern er die Morgengabe als Geschenk bezeichnet. Daß er 
sie ein Geschenk nennt, das der Mann seiner Gattin am ersten Morgen 
zu geben verspricht^), beweist, daß die Gesetzesverfasser (Martini) hier 
nicht aus dem Leben, sondern aus der Rechtsgeschichte geschöpft und so 
der Morgengabe in ihrer allerältesten Gestalt zu einem neuen, freilich 
nur papierenen, Leben verholfen haben. 
II. Ob die Morgengabe am ersten Morgen oder zu irgend einer 
andern Zeit gegeben oder versprochen wird, das kann nur für die An 
wendbarkeit der Vermutung des Z 1232, Satz 2, in Betracht kommen. 
Das Wesen der Morgengabe wird dadurch nicht berührt. Es besteht 
darin, daß diese Zuwendung zugleich AhELkt (8 1217) und Schenkung 
(ß 1232) ist. Die Ehegatten können einander Schenkungen machen, die 
Dagegen: Entsch. v. 16. März 1921 
SZ. III Nr. 34. Stubeurauch (ältere 
Auflagen) und Kirchstetter zu § 1239, 
Schindler Zeitschr. f. österr. R. 1841 
II S. 92f. 
0 R. Bartsch, Eheliches Güterrecht 
im Erzherzogtum Österreich 8 7, v. 
Voltelini, Zur Geschichte des ehe 
lichen Güterrechtes in Tirol S. 21 ff., 
Ogonowski S. 346ff., Hradil, Das 
Heiratsgut S. 18ff. 
2 ) Stobbe-Lehmann IV S. 126f., 
Hradil S. 19. 
ch Z. B. in Borderösterreich, in Gra- 
diska. Harrasowsky, Ooü. Tber. I 
S. 118 Note 23. 
«) HfD. v. 20. Juni 1782 JGS. 
Nr. 54 und HfD. v. 1. Juli 1782 JGS. 
Nr. 61. . 
°) Harrasowsky, Entw. Martinis 
S. 200 Note 13. 
°) Gehört die Zeitbestimmung zu 
„geben" oder zu „verspricht"? Gemeiut 
ist das erste, geschichtlich richtiger das 
zweite. Da der Brauch abgekommen ist, 
kann die Frage auf sich beruhen.
	        
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