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auf das polygame Familienleben des Gorillas^) hat dann der Ein
bildungskraft seiner Junger die Anregung gegeben, die Geschichte der
menschlichen Ehe bis zu den tierischen Ahnen des Menschen zurückzu
verfolgen und eine auf Vielweiberei und Inzest beruhende Familie
(die „Zyklopenfamilie") als Urform der Ehe — der Ehe des Homo
ulalus (!) — hinzustelten.^) Selbstverständlich handelt es sich da um
durchaus willkürliche, unbeweisbare Annahmen.
II. Das Weib wird, wo der Ehemann als sein Eigentümer gilt,
gleich einer anderen Ware erworben: es wird geraubt oder gestohlen
.(La.ub.ehe.)'>L), bald gegen Barzahlung, bald auf Kredit") gekauft (Kauf
ehe) oder für fortgesetzte Dienstleistungen als Lohn erworben (Dienst-
, ehe) oder auch frommen Männern als Almosen gegeben.^)
Zumeist ist es die Religion, die das Weib zur Genossin des
Mannes erhebt und gegen willkürliche Lösung des ehelichen Bandes in
Schutz nimmt. So begründete in Rom") die Konfarreation eine
„heilige Ehe" mit Gemeinschaft des Vermögens, eine Ehe, die — wenn
wir Dionysius dem Halikarnassier glauben dürfen — unlösbar war.")
Wie mit dem Schwinden des alten Glaubens die religiöse Ehe abkam
und welcher tiefen Zerrüttung die römische Ehe in der Folge anheim
fiel, ist bekannt.
Die christliche Kirche gab der Ehe ihre Weihe zurück und entzog
sie als ein Sakrament der Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit des Staates.
Erst die Reformation überlieferte das Eherecht aufs neue dem Staate
und im 17. Jahrhunderte gab es selbst unter den katholischen Theologen
eine Richtung — die gallikanische — die, indem sie das Sakrament
der Ehe vom Ehevertrage unterschied, der Zuständigkeit des Staates das
Wort redete.
III. In Österreich wurde diese Lehre im 18. Jahrhundert von der
Regierung nachhaltig gefördert, da sie der staatlichen Ehegesetzgebung zur
Rechtfertigung dienen mochte. Schon Maria Theresia hatte einzelne ehe-
rechtliche Bestimmungen erlassen;") Kaiser Joses II. regelte mit dem
marck, Geschichte S. 395, Howard 1
S. 190.
") Ehen der Brahmanen: Jolly,
Recht und Sitte S. 63. — Auslobung
der Frau als Kampfpreis u. dgl.:
ebda. S. 60. Versteigerung: Hero-
dot, Hist. I 196, Howard 1 S. 199.
") Im übrigen vgl. Westermarck
S. 423ff. Bei den Indern wird die
Ehe geradezu als „Sakrament" bezeich
net: Jolly 8 66, R. Schmidt, Liebe
und Ehe in Indien S. 297.
") Karlowa, Römische Rechtsge
schichte II S. 186.
") Ehen der Minderjährigen (1763),
Offiziersehen (1766), Rittner S. 17f.,
Scherer S. 113.
^ ^) Vgl. darüber auch R. L. Garner,
Oorillas ancl Okiinpauree» S. 214.
ch°) Lang und Atkinson, Social Ori
gin» anck Üriinal l,av 1903.
") Übrigens ist der Fraueuraub ein
Raub wie jeder andere. Köstler, Väter
liche Ehebewilligung S. 34, Howard,
11i8tor^ I S. 156sf. Gegen die Mei
nung, daß er die Vorstufe der Kauf
ehe gebildet habe, vgl. E: Grosse ,
S. 106.
") Ehe als Ratengeschäft in Un-
joro (Ostafrika); die bis zur Zahlung
der letzten Rate geborenen Kinder
bleiben dem Schwiegervater Vorbehal
ten und müssen besonders — mit je
Knb — wpvkpn Mosche-