Full text: Familien- und Erbrecht (Bd. 2, 2. Hälfte)

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Ehepatente vom 16. Januar 1783, JGS. Nr. 117, das gesamte Ehe 
recht und überwies, obwohl er die kirchliche Eheschließungsform bei 
behielt, die Ehestreitigkeiten der Gerichtsbarkeit des Staates.") Im H 1 
dieses Patentes heißt es: „Die Ehe an sich selbst als ein bürger 
licher Vertrag (Kontrakt) betrachtet, wie auch die aus diesem Vertrage 
herfließenden und den Vertrag-Errichtenden gegeneinander zustehenden 
bürgerlichen Gerechtsame und Verbindlichkeiten erhalten ihre Wesenheit, 
Kraft und Bestimmung ganz und allein von unseren landesfürstlichen 
Gesetzen." Die Bestimmungen des Ehepatentes sind mit manchen Ab 
änderungen und Zusätzen übcrgcgangen zunächst in das Josefinische Gesetz 
buch von 1786, dann in das Westgalizische Gesetzbuch von 1797, in das 
Ehepatent für Salzburg vom 13. April 1808"), endlich in das B. G. B. 
von 1811. Noch einmal verdrängte, für wenige Jahre, den Staat die 
Kirche: auf Grund des Konkordates (Patent vom 5. November 1855, 
RGBl. Nr. 195) wurde mit Patent vom 8. Oktober 1856, RGBl. Nr. 185, 
ein „Gesetz über die Ehen der Katholiken im Kaisertume Österreich" 
(als Anhang I dieses Patentes) erlassen. Danach sollte es keinem 
Katholiken erlaubt sein, „sich im Kaisertume Österreich anders zu ver 
ehelichen, als mit Beobachtung aller Vorschriften, welche das Kirchen 
gesetz über die Gültigkeit der Ehe aufstellt". Diese Vorschriften sollten 
aus der vom Kardinal Rauscher perfaßten „Anweisung für die geist 
lichen Gerichte des Kaisertums Österreich" entnommen werden, die als 
Anhang II des Patentes vom 8. Oktober 1856 im Reichsgesetzblatte 
kundgcmacht wurde.") Die eherechtlichen Bestimmungen des B. G. B. 
wurden, soweit sie die Katholiken betreffen, aufgehoben; an die Stelle 
der staatlichen Gerichtsbarkeit trat die ausschließliche Gerichtsbarkeit der 
Kirche.") Dieser Rechtszustand ließ sich nach Erlassung der Staatsgrund 
gesetze (1867) nicht mehr aufrecht halten?") Seit dem Gesetze vom 
25. Mai 1868,„ RGBl. Nr. 47, sind auch die Ehen der Katholiken wieder 
'6em"B7 G. B. und der staatlichen Gerichtsbarkeit unterworfen. An der 
kirchlichen Form der Eheschließung hat das Gesetz festgehalten, aber die 
Zivilehe für den Fall gestattet, daß die Kirche ihre Mitwirkung ver 
sagt (Notzivilehe). Nach einem Gesetze vom 9. April 1870, Nr. 51, 
ist sie "die regelmäßige Eheschließungsform der Konfessionslosen. Zwei 
Gesetze vom 31. Dezember 1868 (RGBl. Nr. 3 und 4 für 1869) be 
freiten die Ehegatten von der Verpflichtung, sich vor der Scheidung 
") Das Ehepatent beruht auf einem 
Entwürfe Härtens, Harrasowskp IV 
S. 33ff. (Note); dazu Hock, Der österr. 
Staatsrat S. 240ff. 
") Darüber Zeiller in der Vor 
bereitung zur Gesetzkunde III S. 94ff., 
Ofner, Prot. II S. 336ff. (Note). 
'°) Die Anweisung war dessenun 
geachtet eine kirchliche Vorschrift. Sie 
ist abgedruckt bei Grießl, Kirchliche 
Vorschriften in Eheangelegenheiten 
(1890) S. 1 ff. 
^) Über die Unterschiede zwischen 
dem bürgerlichen und dem kirchlichen 
Eherechte vgl. Kardinal Rauscher, Die 
Ehe und das zweite Hauptstück des 
BGB. (1868). 
2°) Freilich steht auch das Eherecht 
des BGB. mit dem StGG. nicht im 
Einklänge (vgl. Maaßen, Unser Ehe 
recht und das StGG. 1878), ohne das; 
darum dessen Verbindlichkeit in Zweifel 
gezogen werden könnte (a. M. Reis 
in den JBl. 1906 Nr. 32, 33).
	        
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