Full text: Familien- und Erbrecht (Bd. 2, 2. Hälfte)

206 
8 454. 
H 454. 
I>. Die Übernahme in die Pflege. ) 
Die Übernahme in die Pflege (Z 486) ist ein der Kindesannahme 
ähnlicher familienrechtlichec Vertrag, der den Namen nicht überträgt und 
keine erbrechtlichen Wirkungen hat. „Diese Pflege", sagt H 186, „steht 
jedermann frei." Das trifft gegenwärtig für die Pflege Unmündiger 
nicht mehr zu. Denn wer „Ziehkinder" halten will, bedarf hiezu nach 
Z 6, Zichkinderordnung vom 1. April 1919, StGBl. Nr. 2022), der 
Bewilligung einer besonderen, von der Landesregierung bestimmten Zieh 
kinderaufsichtsstelle (z. B. des städtischen Jugendamtes, der Berüfs- 
vormündschaft oder eines Vereines für Kinderschuh und Jugendfürsorge); 
nur die Großeltern sind ausgenommen. Ziehkinder im Sinne der Zieh 
kinderordnung sind auch solche (eheliche oder uneheliche) Unmündige, 
die sich bei andern Personen als ihren Eltern in unentgeltlicher Pflege 
befinden, also nicht bloß die (entgeltlich verpflegten) Kostkinder, sondern 
auch Pflegekinder im Sinne des Z 186 BGB?"-) Auch die unentgelt 
liche Pflege wird grundsätzlich von der Ziehkinderaufsichtsstelle überwacht, 
doch kann hievon bei Kindern abgesehen werden, die sich in unentgeltlicher 
Pflege der Vormünder oder gewisser naher Angehöriger befinden (A 18 
Ziehkinderordnung). 
Kinder über vierzehn Jahren kann auch gegenwärtig jedermann gemäß 
H 186 in Pflege nehmen, doch müssen sie noch der Erziehung bedürftig 
sein. Denn die Übernahme der Erziehung, bei der Kindesannahme neben 
sächlich, ist hier wesentlich. Die Verpflegung und Erziehung ist in der 
Regel auf eigene Kosten zu gewähren, keinesfalls darf sie von der 
Leistung eines Entgeltes abhängen, sonst liegt ein gewöhnlicher entgelt 
licher Vertrag vor?) Ersatzansprüche können zwar Vorbehalten werden^), 
aber die Pflegeeltern müssen sich zur Leistung des Unterhaltes unbe 
dingt, d. h. auch für den Fall verpflichten, daß diese Ansprüche nicht 
befriedigt werden und uneinbringlich sind. Wesentlich ist auch, daß die 
Pflegeeltern die Leitung der Erziehung übernehmen, nicht lediglich nach 
den Weisungen der Eltern und unter deren Aufsicht handeln. Die Pflege- 
-) ALR. 11 2 88 728—772, Omle 
civil Art. 361—870 (tutvlls okkieieuss), 
Ofner, Prot. I S. 170f., II S. 213, 
Pappenheim in der Festschr. für 
Brunner S. Iff., Scheidlein Zeitschr. 
f. osterr. RG. 1840 II S. 21 s., Pfaff 
und Hofmann, Exkurse II S. 14f., 
Lvßl, Recht auf Unterhalt S. 208fs., 
v. Anders, Grundriß 8 69. 
0 Erlassen auf Grund des Gesetzes 
o. 4. F-ebr. 1919 StGBl. Nr. 76 (ähnlich 
tschechoslow. Ges. v. 30. Juni 1921 Slg. 
256). Suchanek, Komm, zum Zieh- 
kindergesetzc 1920, Ders. in der GZ. 
1919 Nr. 17, Pachmann in der 
BerwZ. 1919 Nr. 19. Älteres Recht: 
Wudich in der GZ. 1918 Nr. 35, 
Riether ebda. Nr. 41, Hugelmann, 
Osterr. Sanitätswesen 1913 Nr. 44. 
2") Ausländische Kinder: Amtl. Nachr. 
Soz. Verw. 1920 S. 922. 
Über die Abgrenzung gegen den 
Dienstvertrag vgl. KasshE. v. 28. Sept. 
1911 Nr. 3878. 
0 Vgl. Entsch. v. 11. Febr. 1918 
GZ. 1912 Nr. 28 über die Umwandlung 
eines Kostkindervertrages in einen 
Pflegevertrag.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.