Full text: Familien- und Erbrecht (Bd. 2, 2. Hälfte)

12 
Erste Abteilung: Entstehung und Endigung der Ehe. 
Erster Abschnitt. 
Die Eheschließung. 
§ 424 . 
L. Wesen der Eheschließung. Verlöbnis. 
I. Die Ehe^) ist eine eigenartige, gesetzlich geregelte Verbindung 
von Mann und Weib. Ob eine solche Verbindung im einzelnen Falle 
vorliege, ist aus den gesetzlichen Bestimmungen über Entstehung und 
Endigung der Ehe, nicht aus irgend einer Begriffserklärung zu entnehmen. 
Die Eheschließung ist ein Vertrag?) Das Gesetz nennt diesen Ver 
trag Ehevertrag. Die Vereinbarungen über güterrechtliche Verhält 
nisse, die das deutsche BGB. als Eheverträge bezeichnet, heißen, bei 
uns Ehestakten. 
„In dem Ehevertrage erklären zwei Personen verschiedenen Ge 
schlechtes gesetzmäßig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu 
leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen und sich gegenseitig Beistand 
zu leisten" (§ 44). 
Die vertragschließenden Teile müssen also vor allem von ver 
schiedenem Geschlechts sein, sonst kommt trotz der gesetzmäßigen Er 
klärung keine Ehe zustande, auch nicht eine Scheinehe, die erst der 
richterlichen Nichtigerklärung bedürfte. Das scheint selbstverständlich, wenn 
man nur den „Hochstapler im Weiberkleid"^) ins Auge faßt. Aber es 
ist nicht selbstverständlich beim Scheinzwitter, dessen wahres Geschlecht 
sich nur durch Sachverständige und auch durch diese zuweilen erst nach 
dem Tode fcststellen läßt?) 
Der unabänderliche gesetzliche Inhalt der Eheschließungserklärung 
umfaßt die drei Güter der Ehe:^) 
*) E. Kn oll, Der Begriff der Ehe 
nach heutigem Recht 1913. 
2 ) Die Ehe entsteht durch einen 
Vertrag. „Die immer wiederkehrende 
Kontroverse: die Ehe sei ein Vertrag 
oder sei kein Vertrag, hat eigentlich gar 
keinen Sinn." Rittner, Eherecht S.161 
Note l. Vgl. auch Rittner in Grünhuts 
Zeitschr. II S. 504ff., aber auchSinger 
Nr. 77. 
') M. Wolfs, Lehrbuch § 26. 
') E. Wilhelm, Geschlechtsbestim 
mung der (körperlichen) Zwitter und 
Standesregister VJSchrGerMed. 48, 
260, H ofm an n - Haberda. Gerichtliche 
'MeoWr'sl'kllst) ^ " 
°) Das Gesetz schließ: sich an die 
kirchliche Lehre von den st>WA gnatri- 
mLini (v. Hussarek, Bedingte Ehe 
schließung S. 227ff.) au, nur ist an die 
Stelle der Treue die „von vielen Mora 
listen und Rechtsgelehrten wenigstens 
aushilfsweise angenommene gemein 
schaftliche Hilfsleistung (eommuus vitae 
aäiutoriuw, incliviäua vitao eon- 
soeiatio)" getreten. Z eitler, Nat. 
Privatrecht 8 166 Note. .
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.