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Z 465.
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Erste Abteilung: Vormundschaft?)
Erster Abschnitt.
Begründung der Vormundschaft.
H 465.
1. Anordnung der Vormundschaft. Private und amtliche
Vormundschaft.
I. Anordnung der Vormundschaft. Jeder Minderjährige er
hält von Amts wegen (Z 190) einen Vormund, wenn er nicht unter väter
licher Gewalt steht — der unehelich Geborene gleich nach der Geburt,
der ehelich Geborene, sobald sein Vater gestorben ist oder dessen Gewalt
aus einem andern Grunde erlischt oder ruht?^) Zur rechtzeitigen Be
nachrichtigung des Gerichtes sind nach Z 189 die Verwandten des
Mündels und andere nahe Angehörige (z. B. der Ehegatte, die Stief
eltern) „unter angemessener Ahndung" verpflichtet?) Dagegen haften sie
nicht, für den aus der Nichtbestellung des Vormundes entstehenden
Schaden?) Ferner werden die Vormundschaftsfälle den Gerichten durch
die Geburts- und Todesanzeigen der Pfarrei?) und Gemeindevorsteher
bekannt. Auch die Schulen«) und die politischen Behörden sind berufen, Fälle,
wo ein Minderjähriger des Vormundes entbehrt, den Gerichten anzu
zeigen. Endlich gehört die Ermittlung und Bekanntgabe solcher Fälle zu
den Aufgaben des' Voripundschaftsrat.es (8 32 TN. I). Dem für unehe
liche Kinder im voraus bestellten Generalvormund (unten III) sollen die
Hebammen die Geburt solcher Kinder anzeigend)
Nach den Grundsätzen des internationalen Privatrechtes?) ist es
Sache der österreichischen Gerichte, Vormünder für alle minderjährigen
ft Geschichtliches: C. Graf Cho-
rinsky, Das Bormundschaftsrecht
Niederösterreichs 1878, v. Ruber, Bei
träge zur Geschichte des Vormund
schaftsrechtes in Mähren 1883, Ders.,
Das Vormundschastsrecht nach dem
Ooäsx lksresiauus uff. NotZ. 1886
Nr. 32—41, Kapras, Die Vormund
schaft im altböhmischen Landrechte
ZBerglR. 18, 368. — Kipp, Familien
recht § 100ff. C. Heß, Die Vormund
schaft nach Schweizer Recht, 1816.
") Über die Folgen der „Bestellung
eines Vormundes für einen Nichtvor-
mundschastsbedürstigen" vgl. H. Bett-
sak, ArchOffR. 36, 382.
2) Pf aff, Replik in Grünhuts Zeitschr.
,VIII S. 636 f. — 8 189 enthält also
eine Ausnahme von der Regel des
8 1296 (ebda. S. 708 Note 232), Ofner,
Prot. II S. 614, Stobbe-Lehmann
8 327 Note 23.
ft Bezüglich der unehelichen Kinder
ist die Anzeigepflicht der Seelsorger be
sonders wichtig — vgl. den im JMBBl.
1894 S. 103 mitgeteilteu Erl. des
LGPräs. in Graz und 816 TeilNov. I.
ft Oben § 464 Note 9.
«ft 8 6 Vdg. v. 24. Juni 1016 RGBl.
Nr. 464, Mitt. im VBl. 1017 S. 443.
ft Ott, Rechtsfürsorgeverfahren
S. 126f., Rinteleu, Grundriß S. ft9,
L. Müller, GZ. 1914 Nr. 26 (betr.
Ungarn), Pelz er ebda. Nr. 40, Walker,
Internat. PrivatR. S. 768. — Vgl.
Art. 23 EinfG. z. DBGB.