Full text: Familien- und Erbrecht (Bd. 2, 2. Hälfte)

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8 492, 
» 2. Die testamentarische Erbfolge?) 
Erster Abschnitt. 
Allgemeines (Zweck, Begriff, höchstpersönliche 
Natur, Erlaubtheit der letztwilligen Verfügung). 
H 492. 
I, Die Testicrfreiheit (unten Z 527) liegt im Interesse der An 
gehörigen, deren besonderen Bedürfnissen sich die gesetzliche Erbfolge im 
einzelnen Falle nicht anzupassen vermag; sie liegt aber auch im Inter 
esse des Testierenden selbst, da sie ihm die Möglichkeit bietet, Treue 
zu belohnen und Untreue zu strafen, 
II, Unter letztwiMuen Erklärungen^) versteht man einseitige, 
beliebig wid erruflich e MMstungest des Erblassers darüber, an wen 
sein Nachlaß gelangen soll (§ 552), Sie heißen so, weil ans der Tat 
sache, daß sie nicht widerrufen wurden, geschlossen wird, daß sie der 
Ausdruck dessen sind, was der Erblasser im letzten Augenblicke gewollt 
hat. Unter den Begriff der letztwilligen Erklärungen fällt der E rbvertrag 
nicht, und zwar darum, weil er nicht widerruflich ist (Z 1254). Ent- 
hält die letztwillige Erklärung eine Erbeinsetzung, so wird sie ein Testa 
ment, enthält sie nur andere Verfügungen über den Nachlaß, so wird 
siegeln Kodizill genannt (§ 553) — ein Unterschied übrigens, dem nach 
österreichtschemMechte bei weitem nicht jene Bedeutung zukommt wie nach 
römischem Rechte; er tritt nur in der Bestimmung des 8 714 bervor.sf 
,111. Es gehört zum Wesen einer letztwilligen Erklärung, daß sie 
der unmittelbare Ausdruck des erblasserischen, nicht des Willens eines 
Dritten sei. Darum lassen letztwillige Erklärungen ke4u.erlai Ver 
tretung (auch nicht gesetzliche Vertretung) zu,*) Eine Erklärung des 
'Erblasstes, die die Ernennung des Erben in den Willen eines Dritten 
stellte, wäre ohne Wirkung (§ 564),5) Darum ist auch die sogenannte 
pupillarische und quasipupillarische Substitution des römischen Rechtes, 
mit der der Hausvater seinem testierunfähigen (unmündigen oder geistes 
kranken) Kinde einen Erben ernennen konnte, dem österreichischen Rechte^) 
fremd geblieben; dieses gestattet, wie jedem andern Erblasser, so auch 
*) Zur Rechtsvergleichung: Lehr, 
Des sueesssions testamontrures in der 
Revue <ls droit internationale 1906 
S, 136ff. 
2 ) Pfaff und Hofmann, Komm, 
II S,61f, 
') Dem deutschen Rechte ist diese 
Unterscheidung fremd. Jede letztwillige 
Verfügung gilt dort als Testament, 
») 8 2064 DBGB, 
5) D, 82 pr, D.28,5: Iliainstitutio: guos 
litius vuluerit, ulen vitiosa est, guoä 
alieno arbitrio perinisss, est; nam satis 
vonstanter veteres äeersvsrunt, testa- 
mentorum jura ipsa per so kiima esse 
oporterv, non ex aiieno arbitriopondoro, 
8 2065 DBGB, Vgl, Pfaff und Hof 
mann II S, 02ff. 
Uber die fälschlich sog, Pupillar- 
substitution des ungarischen Rechtes vgl, 
Alinüsi I S, 291 f.
	        
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