Full text: Familien- und Erbrecht (Bd. 2, 2. Hälfte)

446 
8 507 . 
Zehnter Abschnitt. 
Außerordentliches Erbrecht der Vermächtnisnehmer 
und der Miterben. 
tz 507. 
I. Voraussetzung. Anknüpsend an einen schon für das gemeine 
Recht auf Grund der Nov. 1 verteidigten Rcchtssatzi) beruft ^ 726 die 
Vermächtnisnehmer zur Erbschaft, wenn (nach Wegfall der Testaments 
erben) die gesetzlichen Erben e ntsa gen. Das gleiche gilt auch dann, 
wenn keine dder ckiür'Ainfähigegesetzliche Erben vorhanden sind. Da 
nämlich der Grund des Z 726 der ist, daß der Erblasser die Erbschaft 
eher den Vermächtnisnehmern als dem Staate gönnt, die Randschrift 
des Paragraphen nur von Entsagung, sein Text aber auch vom Nicht- 
erbenkonnen spricht, und die ältere Lehre das Nichterbenkönucn häufig als 
notwendige Entsagung bezeichnet^), so ist anzunehmen, daß auch in 
diesen Fällen die Erbschaft den Vermächtnisnehmern zufällt?) Ebenso 
verhält es sich, wenn kein Testament, sondern nur ein Jutestat- 
kodizill besteht?) Wo aber jemand seine Verwandten (gesetzlichen Erben) 
von der Erbfolge ausdrücklich ausgeschlossen und nur Vermächtnisse an 
geordnet hat, da wird ß 726, Satz 3, nur anzuwenden sein, wenn sich 
die Absicht erkennen läßt, das Vermögen durch Vermächtnisse zu er 
schöpfen; sonst ist wohl anzunehmen, daß der Erblasser das Heimfalls 
recht eintreten lassen wollte, wenn nicht gar Gründe für die Annahme 
vorlicgen, er sei nicht bei Sinnen gewesen?) 
Dasselbe außerordentliche Erbrecht, das Z 726 den Vermächtnis 
nehmern ciuräumt, steht kraft zwingender Analogie den Miterbcn zu, 
die auf bestimmte Teile eingesetzt sind und daher des Anwachsungs 
rechtes entbehren. Ihnen gehen hinsichtlich des erledigten Erbteiles die 
gesetzlichen Erben vor, aber nicht auch der Staat. Denn sic stehen den 
Vermächtnisnehmern mindestens gleich?) Daß sie auf bestimmte Erbteile 
beschränkt sind, kommt hier nicht mehr in Betracht; auch die Ver- 
handl::::gspfleger"Testa:::e::tsvollstrecker 
ist. Vgl. auch Entsch. v. 25. Jan. 1916 
NotZ. 1917 Nr. 30. 
H Vgl. Cocceji, lug vivils eontro- 
versum II 28, 8 gu. 14, Hopfner, 
Komm. I117 8 522, Dernburg, Pand. 
8 03 Note 7, Pfaff und .Hofmaun II 
S) 670, Steinlechner, Schweb. Erb 
recht II S. 27 Note 2. 
2 ) Zeiller zu H 726 Abs. 1. 
-) Entsch. Slg. XVI Nr. 0331, OG. 
Brünn v. 2.Ang. 1921 AS. 1143; ebenso 
Zeiller, Scheidlein, Unger, Pfasf 
und Hosmann (S. 670ff.). 
*) A. M. Kraiuz, vgl. jedoch Pfaff 
und Hofmann S. 672: Wir müssen 
diese Analogie anwenden, „sobald wir 
bedenken, wie gleichgültig es ist, ob die 
Vermächtnisse in einem Testamente 
oder testamentarischen Kodizille, ob in 
einem positiven oder negativen Testa 
mente, ob in diesen: oder in einen: 
Jntestatkodizille stehen". 
°) Pfaff nnd Hofmann S. 673. 
' °) Pfaff und Hofmann, die (S.673) 
als erste die analoge Anwendung des 
K 726 auf die Miterben verteidigt haben, 
geben ihnen svgar den Vorzug vor den 
Vermächtnisnehmern.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.