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Zehnter Abschnitt.
Außerordentliches Erbrecht der Vermächtnisnehmer
und der Miterben.
tz 507.
I. Voraussetzung. Anknüpsend an einen schon für das gemeine
Recht auf Grund der Nov. 1 verteidigten Rcchtssatzi) beruft ^ 726 die
Vermächtnisnehmer zur Erbschaft, wenn (nach Wegfall der Testaments
erben) die gesetzlichen Erben e ntsa gen. Das gleiche gilt auch dann,
wenn keine dder ckiür'Ainfähigegesetzliche Erben vorhanden sind. Da
nämlich der Grund des Z 726 der ist, daß der Erblasser die Erbschaft
eher den Vermächtnisnehmern als dem Staate gönnt, die Randschrift
des Paragraphen nur von Entsagung, sein Text aber auch vom Nicht-
erbenkonnen spricht, und die ältere Lehre das Nichterbenkönucn häufig als
notwendige Entsagung bezeichnet^), so ist anzunehmen, daß auch in
diesen Fällen die Erbschaft den Vermächtnisnehmern zufällt?) Ebenso
verhält es sich, wenn kein Testament, sondern nur ein Jutestat-
kodizill besteht?) Wo aber jemand seine Verwandten (gesetzlichen Erben)
von der Erbfolge ausdrücklich ausgeschlossen und nur Vermächtnisse an
geordnet hat, da wird ß 726, Satz 3, nur anzuwenden sein, wenn sich
die Absicht erkennen läßt, das Vermögen durch Vermächtnisse zu er
schöpfen; sonst ist wohl anzunehmen, daß der Erblasser das Heimfalls
recht eintreten lassen wollte, wenn nicht gar Gründe für die Annahme
vorlicgen, er sei nicht bei Sinnen gewesen?)
Dasselbe außerordentliche Erbrecht, das Z 726 den Vermächtnis
nehmern ciuräumt, steht kraft zwingender Analogie den Miterbcn zu,
die auf bestimmte Teile eingesetzt sind und daher des Anwachsungs
rechtes entbehren. Ihnen gehen hinsichtlich des erledigten Erbteiles die
gesetzlichen Erben vor, aber nicht auch der Staat. Denn sic stehen den
Vermächtnisnehmern mindestens gleich?) Daß sie auf bestimmte Erbteile
beschränkt sind, kommt hier nicht mehr in Betracht; auch die Ver-
handl::::gspfleger"Testa:::e::tsvollstrecker
ist. Vgl. auch Entsch. v. 25. Jan. 1916
NotZ. 1917 Nr. 30.
H Vgl. Cocceji, lug vivils eontro-
versum II 28, 8 gu. 14, Hopfner,
Komm. I117 8 522, Dernburg, Pand.
8 03 Note 7, Pfaff und .Hofmaun II
S) 670, Steinlechner, Schweb. Erb
recht II S. 27 Note 2.
2 ) Zeiller zu H 726 Abs. 1.
-) Entsch. Slg. XVI Nr. 0331, OG.
Brünn v. 2.Ang. 1921 AS. 1143; ebenso
Zeiller, Scheidlein, Unger, Pfasf
und Hosmann (S. 670ff.).
*) A. M. Kraiuz, vgl. jedoch Pfaff
und Hofmann S. 672: Wir müssen
diese Analogie anwenden, „sobald wir
bedenken, wie gleichgültig es ist, ob die
Vermächtnisse in einem Testamente
oder testamentarischen Kodizille, ob in
einem positiven oder negativen Testa
mente, ob in diesen: oder in einen:
Jntestatkodizille stehen".
°) Pfaff nnd Hofmann S. 673.
' °) Pfaff und Hofmann, die (S.673)
als erste die analoge Anwendung des
K 726 auf die Miterben verteidigt haben,
geben ihnen svgar den Vorzug vor den
Vermächtnisnehmern.