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2. wenn ein Erbteil den Armen, einer Stiftung^), Gemeinde,
Kirche, öffentlichen Anstalt oder dem Staate zufüllt;
3. im Falle der Nacherbfolge;
4. bei Erledigung eines Fideikommisses oder Lehens.
Das Inventar muß nach Z 97 AbhP. ein genaues und vollständiges
«Verzeichnis alles beweglichen und unbeweglichen Vermögens, in dessen
Besitz sich der Erblasser zur Zeit seines Todes befunden, hat, ent- .
halten und den damaligen Wert und Betrag klar anzeigcn. Danach sind
zu inventieren alle Sachen, die damals unstreitig. dem Erblasser gehört
haben, mögen sie sich auch in den Händen einer dritten Person, z. B. eines
Machthabers oder Verwahrers befinden (Z 104, Abs. 3 VaSt.)^), und jeden
falls, auch wenn das Eigentum bestritten wird, die Fahrnisse, die sich zur
Todeszeit im Besitze des Erblassers befunden haben (K104 VaSt.)") sowie
die Liegenschaften, die ihm im Grundbüche zugeschrieben waren (Z 323
ABGB.).^) Wertpapiere werden mit dem Nenniverte oder, wenn sie an
der Börse notiert sind, mit dem Kurse des Todestages eingestellt (H 99
VaSt.), andere Fahrnisse werden gerichtlich geschätzt (A 101 VaSt.). Bei
Liegenschaften kann die Schätzung — durch zwei Sachverständige (§ 103
VaSt.) 16) — unter Umständen durch eine andere Art der Bewertung
(z. B. nach der Steuer) ersetzt werden (Z 102 VaSt.). Unternehmungen,
die — wenn auch nur nach Erfüllung gewisser öffentlich-rechtlicher Voraus
setzungen — veräußert werden können, müssen entsprechend dem tatsächlich
zu erzielenden Kaufpreise bewertet werden, so daß auch der Wert der
geschäftlichen Organisation und der Kundschaft zur Geltung kommtU^)
Die Praxis begnügt sich jedoch unter Berufung auf Z 106 VaSt.E) nicht
selten mit der Feststellung der vorhandenen Aktiven und Passiven, also mit
einer Liquidationsbilanz.i°°)
Das Inventar errichtet ein Gerichtsabgeordneter, der die erforder
lichen Sachverständigen zuzieht. Gewisse Beteiligte werden von Amts
wegen dazu eingeladen (Z 95 VaSt.), so die anwesenden oder rechtzeitig
erreichbaren Erben, die Pflichtteilsberechtigten, der Verlassenschafts
kurator, der Testamentsvollstrecker, die Finanzbehörde. 161) Selbstver
ständlich kann ein — etwa wegen unbekannten Aufenthaltes — nicht
eingcladcner Beteiligter unaufgefordert erscheinen. Gläubiger und Ver
mächtnisnehmer sind jedoch nur dann berechtigt, der Inventur beizu-
") Entsch. v. 2. Aug. 1916 JBl. 1616
Nr. 51.
") Entsch. Slg. XI Nr. 4241 (Spar
kassebuch), XIII Nr. 5165 (Wertpapier).
") Vgl. Entsch. Slg. XVI Nr. 6685,
Entsch. v. 6. Febr. , 1917, Geller-
Jolles XIX Nr. 186. — Über die Ein
beziehung streitiger Forderungen
(§ 100 VaSt.) entscheidet der Abhand
lungsrichter unter Offenhaltung des
Rechtsweges: Entsch. Slg. XVIII
Nr. 7545.
") Entsch. Slg. XV Nr. 6016.
") Entsch. Slg. XVI Nr. 6478.
Vgl. Entsch. Slg. XVIII Nr.7670,
Entsch. v. 28. Juni 1920 SZ. II 66.
Vgl. zu diesem Paragraphen
Entsch. Slg. XVIII Nr. 7596 betr.
bilanzmäßige Feststellung eines Gesell
schaftsteiles.
i°°) Vgl. Entsch. Slg. XIV Nr. 5485,
XVII I. Nr. 7501, Entsch. v. 26. Nvv.
1918,JBl. >919Nr.9, M. Reich S.403.
H 27 BollzAnw. v. 10. Febr. 1919
StGBl. Nr. 99 (neue Fassung: BGBl.
1922 Nr. 144).