— 44
8 428 .
nissc für die Eheschließung im Auslände von den politischen Behörden
, ausgestellt.2t) Wenn den Brautleuten die Befreiung von der Beibringung
eines Zeugnisses, z. B. des Taufscheines^), erteilt worden ist, kann
leicht ein trennendes Ehehindernis, z. B. das der Religionsverschiedenheit,
unentdeckt bleiben. Selbstverständlich ist dann die Befreiung nicht auf
dieses Hindernis zu beziehen. Sie hat nur die Abschließung einer nichtigen
Ehe ermöglicht, steht aber ihrer Nichtigerklärung nicht im Wege?-")
K 428.
4. Wahre Einwilligung.
I. Das Ehehindernis der FnrchtH setzt nach Z 55 nur voraus,
daß die Eheschließung durch eine gegründete Furcht erzwungen worden
ist. „Ob die Furcht gegründet war, muß aus der Größe und Wahr
scheinlichkeit der Gefahr, und aus der Leibes- und Gemütsbeschaffenheit
der bedrohten Person beurteilt werden." Beispiele: Der Bräutigam hat
der Braut gedroht, er werde sie, wenn sie ihn nicht heirate, wegen eines
Verbrechens (Abtreibung der Leibesfrucht) anzeigend), oder der Vater
hat ihr für den Fall der Weigerung die Abgabe in eine Besserungsanstalt
in Aussicht gestellt?)
Es wird — anders als sonst bei Verträgen (Z 870) — nicht
gefordert:
1. erstens, daß die Furcht eine ungerechte war,'weil die Nötigung zu
einer Eheschließung immer als unaerecbt anaeseben wird? ) Soweit
aber das Gesetz selbst durch Androhung von Nachteilen (Schadenersatz,
8 46 BGB., Strafe, 8 506 StG. ) zur Eheschließung antreibt, kann
von dem Hindernisse der Furcht keine Rede seinsi^)
2. zweitens, daß die Furcht von dem andern Teile eingeflößt worden
sei. Vielmehr ist die Ehe auch dann nichtig, wenn sie von eine m Dritten
erzwungen worden ist. Wird ein Kind durch Mißbrauch der elterlichen
Gewalt zur Ehe gezwungen^), so ist also die Ehe nichtig; die Eltern
machen sich in diesem Falle zwar nicht des Verbrechens der Erpressung,
MJE. v. 27. Aprit 1873 Z. 13.505,
v. 28 Okt. 1870 Z. 11.400 und v.
20. Juli 1808 Z. 8236. Vgl. v. .i)of-
mannsthal in der GZ. 1014 Nr. 1
(oben 8 426, Note 21) und Walker,
Internat. Privatrecht, S. 534f.
HfD. v. 22. Dez. 1826 JGS.
Nr. 2242, § 1 Ges. v. 4. Juli 1872, RGBl.
Nr. 111.
Entsch. v. 30. Nov. 1020 SZ. II
Nr. 130.
H Rittner § 28, v. Scherer II
S. 173 ff.
H Entsch. Slg. IX Nr. 3432. Vgl.
auch Entsch. Junker-Fuchs Nr. 70.
H Entsch. Slg. X Nr. 3670.
H Entsch. Slg. XNr. 3679, Dolliuer
I S. 135 f.
") Oben 8 424 Note 10. Dagegen ist
nach Entsch. v. 16. Juni 1020 IM. 1022
Nr. 3 dieses Ehehindernis begründet,
wenn der angebliche Schwangerer aus
Furcht vor einer Disziplinarauzeige
heiratet.
H Über den sog. tüwor revsrentiulis
vgl. Ofner, Prot, II S. 342, v. Sche
rer S. 177, Rittner S. 196 Note 8.