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Kosten der Wiedereinlieferung des Schüblings, sofern ihren Organen
diesbezüglich ein Verschulden zur Last fällt. (Ges. vom 27. Juli
1871, RGBl. Nr. 88, Z 18.) Vgl. das Nähere hierüber im Z 2,
lit. 6 und l dieser Schrift.
Diese Vorschriften haben unverkennbar den Charakter von
Ausnahmsbestimmungen und gestatten daher nicht die Deduktion,
daß der Staat, das Land und die Gemeinde in allen Fällen der
Schadenszufügung durch rechtswidrige Ausübung der öffentlichen
Gewalt ihrer Amtsorgane ersatzpflichtig seiend Für die Richtig¬
es So im wesentlichen auch PraLäk
I., S. 160 flg., III., Z 261 undLarcher,
GZ. 1880, Nr. 83. Letzterer erwähnt,
daß auch nach der Rechtsprechung der
tirolischen Gerichte für den Ersatz des
durch eine Rechtsverletzung des Ge¬
meindevorstandes einem Dritten zu¬
gefügten Schadens nicht die Gemeinde,
sondern nur der Gemeindevorsteher
selbst hafte. Ebenso Schönhof, GZ.
1881, Nr. 29. Mauczka, S. 216 flg.,
218, hält die Ersatzpflicht des Staates
und anderer öffentlicher Körperschaften
selbst für unverschuldeten Schaden, der
durch ihre Beamten angerichtet wurde,
für geboten. Ähnlich Gierte in seinem
Gutachten für den deutschen Juristen¬
tag von 1906; dazu auch Herrnritts
Gutachten. Auch Unger erklärt sich in
der Neuen Freien Presse 1913, Nr. 1
(sein Schwanengesang) für die Haftung
des Staates für Dienstverletzungen
seiner Beamten; er beruft sich auf das
natürliche Rechtsgefühl (ß 7 BGB.)
und daraus, daß kein Gesetz dagegen
spreche; er überreichte auch dem Herren¬
hause einen (zu weitgehenden) Ent¬
wurf über die bezügliche Haftung des
Staates, der Länder und Gemeinden.
Gegen diese Begründung vgl. den Text.
— Einen Antrag über die Haftpflicht
des Staates überreichte auch der Ab¬
geordnete Liebermann im Abgeord¬
netenhause. — In dieser Allgemein¬
heit indes erscheinen diese Postulate
schon aus finanziellen Rücksichten höchst
bedenklich. Auch bei der Beratung des
deutschen BGB. wurde eine diesbezüg¬
liche allgemeine reichsgesetzliche Be¬
stimmung nicht für entsprechend erachtet.
In Preußen und mehreren deutschen
Staaten wird diese Haftung des Staates
nicht anerkannt, wohl aber in Sachsen
und jüngst in zehn anderen deutschen
Staaten. (Perlmann, S. 105 flg.)
Aus den von Löning, S. 93 flg. und
110 flg. beigebrachten Belegstellen er¬
hellt, daß der allgemeine Grundsatz,
es hafte der Staat oder die Gemeinde
unmittelbar aus den von einem Be¬
amten in der Ausübung seiner Amts-
befugnifse begangenen rechtswidrigen
Handlungen, weder im römischen Rechte
bestand, noch in den modernen Gesetz¬
gebungen anerkannt wird. In der Li¬
teratur und Rechtsprechung werden über
diesen Gegenstand verschiedene An¬
schauungen zur Geltung gebracht. Als
vorherrschend kann die im Texte ver¬
tretene Rechtsansicht betrachtet werden;
vgl. Löning a. a. O., während
Stobbe, 8 201 die entgegengesetzte
Auffassung vertritt. Löning gelangt
auf S. 134 zu dem Ergebnisse, . . .
„daß in Deutschland eine allgemeine
Haftung des Staates aus rechtswidrigen
Handlungen seiner Beamten nicht exi¬
stierte, und daß eine solche mit logischer
Notwendigkeit sich weder aus den Be¬
griffen des Staates und der Beamten,
noch aus dem Verhältnisse der Unter¬
tanen . . . ergibt." Perlmann,
S. 97 flg. stimmt Löning äs IsAe lata
bei, wenn die rechtswidrige Handlung
subjektiv zurechenbar ist. (Anders
A. Till, krrsZiaä xravva 1907,
S. 951 flg., dazu die folgende N. 59 a.)
Über das deutsche Reichsgesetz vom
22. Mai 1910, vgl. noch die folgende
Seite. Über die Haftung der Beamten
vgl. 8 839 deutsches BGB., S. 52.