Full text: Lehrbuch der Physik

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2 a dem Äquatordurchmesser gleichkommt. Der echte Bruch a = --- ist das Maß der 
Abplattung. Aus a — 6378-3km und b = 6356‘5km (Clarke 1880) ergibt sich a=y.293, 
also rund J/m. Der Radius einer Kugel von gleichem Volumen würde 6370 km betragen. 
143. Erklärung tler scheinbaren Drehung des Sternenhimmels. 
Beweise für die Achsendrehung der Erde. Die scheinbare tägliche 
Drehung des Sternenhimmels verleitete die Menschheit durch Jahrtausende 
zu der Ansicht, daß die Erde im Zentrum der Himmelskugel ruhe und 
die letztere sich in einem Sterntage einmal von Ost nach West um die 
Weltachse drehe. Der Verlauf der im Art. 138 beschriebenen Erscheinungen 
wäre aber derselbe, wenn wir annehmen würden, daß der Sternenhimmel ruhe 
und die Erde sich in einem Sterntage einmal von West nach Ost drehe. Die 
Drehungsachse (Erdachse) müßte dabei mit der Weltachse in eine Gerade, 
der Erdäquator mit dem Himmelsäquator in eine Ebene fallen. Daß diese 
Erklärung der scheinbaren Drehung der Himmelskugel 
durch eine wirkliche Drehung (Rotation) der Erdkugel die richtige 
sei, dafür sprechen mehrere unwiderlegbare Gründe. 
Es ist von vornherein unwahrscheinlich, daß die unzählbaren, verschieden 
großen und ganz sicher von der Erde verschieden weit entfernten Gestirne ihre 
verschieden langen Bahnen im Laufe eines Tages so durchlaufen müßten, daß sie 
ihre gegenseitigen Stellungen beständig unverändert beibehielten; auch müßten 
die von der Erde sehr weit entfernten Fixsterne unfaßbar große Geschwindigkeiten 
besitzen. — Sollten sich ferner alle Gestirne um die Erde drehen, so müßte der 
Erde eine unendlich große anziehende Kraft innewohnen, die noch dazu auf die 
entfernten Körper viel stärker einwirken müßte als auf die näheren, was mit allen 
Erfahrungen und Gesetzen der Mechanik in unlösbarem "Widerspruche steht. 
Auf experimentellem Wege läßt sich die Rotation der Erde durch die 
Ablenkung fr ei fallender Körper von der Richtung des Lotes (Fall- 
versuehe) sowie durch die scheinbare Drehung der Ebene eines frei 
schwingenden Pendels (Foucaultscher Pendelversueli) beweisen. 
Als zurZeit des Copernicus (Art. 148) und Galilei angenommen wurde, 
daß die Erde sich um eine Achse von Westen nach Osten drehe, wurde von 
den Gegnern dieser Ansicht, unter anderem von Tycho Brahe*) behauptet, daß 
dann ein von einem Turme herabfallender Stein westlich, also gleichsam 
hinter dem Fuße des Turmes niederfallen müßte, weil die Erde sich während 
der Fallbewegung des Steines vorwärts gedreht hätte. Umgekehrt schlossen 
jedoch Galilei und nach ihm Newton, daß der Stein östlich, d. h. vor 
dem Fußpunkte der ursprünglichen Vertikalen den Boden erreichen muß, weil 
er die seinem Ausgangspunkt entsprechende größere Geschwindigkeit während 
des Falles beibehält. Dies wurde nun durch Fallversuche von Benzenberg 
(1802 bis 1804 angestellt vom Michaelisturme in Hamburg, 235 Fuß, sowie im 
Kohlenschacht bei Schlebusch, 262 Fuß Fallhöhe) und Reich (1831, Dreibrüder¬ 
schacht bei Freiberg, 488 Fuß Fallhöhe) tatsächlich nachgewiesen. 
*) Tycho Brahc (geb. 1546 zu Knudstrup in Schweden, gost. 1(501 in Prag) betrieb nach seinen 
Studien (Jurisprudenz an den Universitäten Kopenhagen und Leipzig) in Dänemark Astronomie und be¬ 
gründete daselbst auf der Insel Hveen die schloßähnliche »Sternwarte Uranienburg. »Später mußte er, durch 
Feinde verdächtigt, Dänemark verlassen und kam als Hofastronom zu Kaiser Rudolf II. nach Prag, wo er 
teilweise gemeinsam mit Kopier (Art. 150) wirkte. Die Astronomie verdankt ihm zahlreiche wertvolle 
Beobachtungen und Verbesserungen der astronomischen Instrumente. 
J
	        
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