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Bei Festhaltung der eben genannten Krafteinheit gewinnen wir somit
die äußerst wichtige Formel
P = m.b.........................(7),
in Worten: Kraft = Masse X Beschleunigung.
Diese Formel bringt auch zum Ausdrucke, daß nur durch eine konstant
wirkende Kraft einer bestimmten Masse eine konstant bleibende Beschleuni¬
gung, also eine gleichförmig beschleunigte Bewegung erteilt werden kann.
Die oben festgestellte Krafteinheit hängt nur von den drei Einheiten
der Länge (Art. 3), der Masse (Art. 19) und der Zeit (Art. 8) ab; läßt
sich eine Größe auf diese drei unabänderlich festgestellten Grundmaße
zurückführen, so sagt man, sie sei im absoluten Maße ausgedrückt. Da
als Grundmaße Zentimeter, Gramm und Sekunde gewählt werden, heißt das
so aufgebaute Maßsystem auch das Zentimeter-Gramm-Sekunden-System
(abgekürzt das C.-G.-S.-System).
Die Einheit der Kraft im C.-G.-S.-System heißt Dyne: es ist dies naeh
dem früher Gesagten jene Kraft, die der Gramm-Masse die Be¬
schleunigung von 1 cm in der Sekunde erteilt.
Es ist nun auch möglich, die Krafteinheit des Gravitationsmaßes
also das Kilogramm gewicht (beziehungsweise das Grammgewicht), im absoluten
Maße auszudrücken. Da nämlich ein Grammgewicht einer Gramm-Masse die Be¬
schleunigung von g cm in der Sekunde erteilt, ist 1 Grammgewicht = g Dynen.
Für die mittlere geographische Breite von 450 und für 0 m Seehöhe ist also
1 Grammgewicht = 981 Dynen und daher 1 Dyne = ^gsi Grammgewicht, also
ungefähr gleich dem Gewichtsdrucke eines Milligrammes. Wir erkennen also,
daß die Gewichtseinheit eine von Ort zu Ort verschiedene Anzahl von Dynen
bedeutet. Dagegen ist die absolute Krafteinheit — wie aus dem nächsten
Artikel noch deutlicher einleuchten wird — eine von dem Beobachtungsorte voll¬
ständig unabhängige, unveränderliche Größe.
Obwohl das Gravitationsmaß der Kraft auf eine von Ort zu Ort veränder¬
liche Größe — das Kilogrammgewicht — aufgebaut ist, findet es für praktische
Zwecke doch häufige Verwendung, weil man in der Praxis den Gewichtsdruck
eines Kilogrammgewichtstückes als eine an allen Orten der E r d e unveränderliche
Größe annehmen darf. Man bezeichnet das so zustande kommende Maßsystem,
dem also die Krafteinheit „Kilogrammgewicht“, ferner (meistens) die Längen¬
einheit „Meter“ und die Zeiteinheit „Sekunde“ zugrunde liegen, als das
praktische oder irdische Maßsystem im Gegensätze zum absoluten.
21. Masse und Gewicht. Masse und Gewicht eines Körpers
müssen wohl voneinander unterschieden werden.
Geht z. B. über eine sehr leichte Rolle eine Schnur, an deren einem Ende
ein Kilogrammgewichtstück hängt, so fühlen wir, wenn wir an dem anderen
Ende der Schnur ziehen, den Gewichtszug, also das Gewicht des Kilogramm¬
stückes. Hängt jedoch an jedem Ende der Schnur je ein Gewichtstück von V» kg
und versuchen wir nun, die Schnur mit den Gewichten in Bewegung zu setzen,
indem wir etwa eines der Gewichtstücke durch die darunter gebrachte flache
Pland nach oben drücken, so fühlen wir gleichfalls einen Widerstand. Er rührt
jetzt aber nicht von dem Gewichtsdrucke her, denn die beiden Gewichtszüge
von je V-2 kg halten sich Gleichgewicht; es macht sich vielmehr hier das Be¬
harrungsvermögen, also die Masse von 1 kg geltend. — Ebenso fühlen wir
beim Drehen eines gut konstruierten Schwungrades nicht sein Gewicht (denn