Full text: Lehrbuch der Physik

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dieses haben die Achsenlager zu tragen), wohl aber sein Beharrungsvermögen, 
seine Masse. — Ein in der Atmosphäre schwebender Luftballon verhält sich wie 
ein Körper ohne Gewicht; er besitzt jedoch eine Masse, denn jede Änderung 
seiner Geschwindigkeit wird eine gewisse Kraft beanspruchen. 
Der wichtigste Unterschied zwischen Gewicht und Masse 
liegt, wie aus der Bestimmung beider Begriffe (Art. 16 u. 19) unmittelbar 
hervorgeht, darin, daß das Gewicht eines Körpers von dem Orte, 
an dem er sich befindet, abhängt, wogegen seine Masse überall 
dieselbe Größe bleibt. Letztere hängt nur von der Menge und der Be¬ 
schaffenheit (von der Quantität und Qualität) der Kürpermaterie ab. 
Würden wir eine Kanonenkugel von 3'6 kg irdischem Gewichte (bestimmt 
unter 450 geographischer Breite und 0 m Seehöhe) in die Entfernung des 
Mondes von der Erde bringen können, so würde ihr Gewicht auf 3/s6oo des 
irdischen Wertes, also auf 1 g herabsinken. Ihr Beharrungsvermögen und "daher 
auch ihre Masse würden jedoch dieselbe Größe behalten haben; es würde der 
Kugel z. B. in einer Kanone durch die Explosion einer bestimmten Pulverpatrone 
genau dieselbe Anfangsgeschwindigkeit wie an der Oberfläche der Erde erteilt 
werden, denn der chemische Prozeß der Pulververbrennung, die Spannkraft der 
Pulvergase usw. würden ja allerorten dieselben bleiben. Infolgedessen würde 
auch, wie Art. 28 genauer erklärt, die Kugel an dem bezeichneten Orte dieselben 
zerstörenden Wirkungen auf getroffene Körper ausüben wie im Vollbesitze ihres 
irdischen Gewichtes. 
Wenn nun auch Masse und Gewicht eines Körpers begrifflich völlig 
verschieden sind, so läßt sich doch leicht einsehen, daß die Massen ver¬ 
schieden er Kör per proportional sin d den an einem und dem selben 
Drt der Erde ermittelten Gewichten dieser Körper. Da nämlich in 
einer luftleer gemachten, hinlänglich weiten Röhre (Fallröhre) Körper 
von dem verschiedensten Gewichte (Bleikugel, Holzstückchen, Flaum¬ 
feder) genau gleich rasch fallen, ist durch ihre verschiedenen Gewichte 
Pii p3..., ihren verschiedenen Massen mt, mä, m,t... doch eine und 
dieselbe Beschleunigung g erteilt worden. Es ist also nach Formel (7) 
nh 9 =Pi, m,g=p.2, m3 g —p3. daher mL: m,:m3: ... = p1: p«: p3: . .., 
womit die obige Behauptung gerechtfertigt ist. 
Mit einer Fcd erwäge würden wir tatsächlich das Gewicht (nämlich den 
Gewichtsdru ck)-einer-Warn bestimmen. Da dieser an verschiedenen Orten der Erde, 
ganz besonders aber an verschiedenen Orten des Weltraumes, verschieden groß wäre, 
würde an verschiedenen Orten beispielsweise eine größere oder eine kleinere Menge 
Kaffeekörner als „1 Kilogramm Kaffee“ gelten müssen. Ganz anders stellen sich die Ver¬ 
hältnisse bei Verwendung einer Krämerwage- Man müßte mit einer solchen in Paris 
wie auf Spitzbergen, ja sogar auf dem Monde als „1 kg Kaffee“ genau dieselbe Menge 
von Kaffeekörnern erhalten. Würde nämlich an allen diesen Orten das „Urkilogramm“ zur 
Wägung verwendet werden, so würde an den Bewegungen der Wage eigentlich nur erkannt, 
ob das Beharrungsvermögen der Ware mit jenem des „Urkilogrammes“ übereinstimmt; da 
aber das Beharrungsvermögen und somit auch die Masse des „Urkilogrammes“ überall die¬ 
selben bleiben, würde man durch die Wägung an allen Orten dieselbe Kaffee menge erhalten. 
Und diese allein und nicht etwa der Gewichtsdruck bestimmen den Wert der Ware. Es ist 
also unsere gewöhnliche Wägung keine Gewichtsdruckvergleichung, 
sondern vielmehr eine MassenVergleichung; man sollte daher auch statt des 
ortes Gewichtssatz das Wort Massensatz gebrauchen. Ein in Paris erzeugter
	        
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