Full text: Lehrbuch der Physik

genauer Gewichtssatz ist nur daselbst ein richtiger Gewichtssatz, überall aber ein 
richtiger Massensatz. — 
Aris tot eie s'5) folgerte in irriger Weise, daß ein schwerer Körper, weil sein „Streben 
zum Erdzentrum“ größer ist als dasjenige eines leichteren Körpers, rascher fallen müsse 
als der leichtere, beispielsweise also ein 100 pfundiges Eisenstück 100 mal so schnell fallen 
müsse als ein 1 pfundiges. Es ist bezeichnend, daß die Menschheit bis Galilei — also fast 
zwei Jahrtausende hindurch — bei diesem verhängnisvollen Irrtume verblieb, trotzdem ja 
der einfachste Versuch unbedingt Aufklärung hätte geben müssen. — 
Durch Wägung überzeugt man sich, daß 1 cm3 Gußeisen ?2 g, 1 cm3 
Zink 6'8 g, 1 cm3 Blei 11'4 g, 1 cm3 Silber 10'5 g, 1 cm3 Gold 19‘4 g, 1 cm8 
Platin 21'5 g, 1 cm3 Aluminium 2'6 g, 1 cm3 Quecksilber 13’6 g usw. wiegt. Man 
sagt daher: Das dem Silber eigentümliche oder spezifische Gewicht beträgt 
10'5 Gewichtseinheiten, d. h. 1 cm3 Silber wiegt 10'5 g, 1 dm3 Silber 10‘5 kg, 
1 m3 Silber 10‘5 t, 1 mm3 Silber 10'5 mg usw. 
Das Gewicht der Volumeinheit eines Körpers heißt sein 
spezifisches Gewicht zum Unterschiede vom absoluten Gewichte, das 
heißt vom Gewichte des Körpers selbst. 
Die M asse der Volumeinheit eines Körpers nennt man die 
spezifische Masse oder — was gebräuchlicher ist — Dichte des Körpers. 
Gilt die Masse eines Kubikzentimeters reinen Wassers ( bei -|- 4° C) als Massen¬ 
einheit — wie dies im absoluten Maßsystem der Fall ist —, so bedeuten die 
obigen Zahlen auch die Massen je eines Kubikzentimeters der betreffenden 
Substanz oder ihre Dichten; denn ein Körper von der Masse 1 g besitzt (unter 
mittlerer Breite und 0 m Seehöhe) auch das Gewicht von 1 Grammgewicht. 
Es enthält also beispielsweise 1 cm3 Silber 10‘5 Gramm-Massen. 
Da an einem und demselben Orte sich die Gewichte verhalten wie die 
Massen, wird z. B. ein Körper aus Silber überall 10-5 mal so viel Masse und 
auch 10-5mal so viel Gewicht haben als ein gleich großer Wasserkörper von 
-j- 4° C. In diesem Sinne kann man als relative Dichte auch jene 
unbenannte Zahl auffassen, die rrns anzeigt, wie oftmal so viel 
Masse und wie oftmal so viel Gewicht ein Körper besitzt als 
ein gleich großes Volumen reinen Wassers von — 4U C. 
Sowie das absolute Gewicht ist auch das spezifische Gewicht eigentlich eine 
vom Orte der Beobachtung abhängige Größe; überall aber ist die Dichte eine 
und dieselbe Größe. 
22. Luftwiderstand. Der Umstand, daß im luf't er füllten Raume 
eine Korkkugel und eine ebenso große Bleikugel nicht gleich rasch fallen, 
daß vielmehr die Korkkugel hinter der Bleikugel zurückbleibt, erklärt sich 
durch eine der Bewegung entgegenwirkende, sie also verlangsamende oder 
verzögernde Kraft, die wir als den Luftwiderstand bezeichnen. Dieser Wider¬ 
stand rührt davon her, daß die Luftteilchen von dem bewegten Körper ver¬ 
drängt werden müssen (Art. 4 u. 52), ferner auch von der Reibung (Art. 35) 
*) Aristoteles (384—322 v. Chr.), berühmter griechischer Philosoph. War Schüler Platos, wurde 
später Lehrer des kömglichen Prinzen Alexander von Makedonien. Er umfaßte das ganze Wissen seiner 
Zeit und gilt insbesondere als Schöpfer der Logik, Psychologie, Rhetorik und Poetik; im gewissen Sinne 
kann er auch als Begründer der Naturwissenschaften gelten, zu deren Erforschung ihm Alexander 800 Ta¬ 
lente (3V2 Millionen Kronen) zur Verfügung gestellt haben soll. Er lenkte die naturwissenschaftliche 
Forschung auf das Gebiet der bloßen Spekulation und leider nicht auf das der Empirie.
	        
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