Drahtleitungen fortgeleitet und daselbst mittels einer zweiten Dynamomaschine
— dem Krafterzeuger oder Motor — in mechanische Energie zurückverwandelt
werden. Diese elektrische Kraftübertragung (richtiger Energieüber¬
tragung) kann trotz der hiebei unvermeidlichen Energieverluste in vielen
Fällen außerordentliche Vorteile bieten.
Elektrische. Kraftübertragung von Stellen, wo die Natur große Energiemengen bietet
(Ausnützung der Energie von ..Wasserfällen durch Turbinenanlagen, welche Dynamo¬
maschinen betreiben usw.). — Elektrische Kraftverteilung in großen Fabriketablissements
von einem zentralen Maschinenraum aus. — Elektrische Motoren für Kleingewerbe in
Städten mit elektrischen Zentralen.
Elektrische Straßenbahnen und Bergbahnen. Durch Einführung des elektrischen
Betriebes auf Voll bahnen hofft man beträchtliche Steigerungen der Fahrgeschwindigkeit zu
erzielen; da man bei denselben die Triebkraft nicht bloß in eine einzige Lokomotive ver¬
legen muß, sondern mindestens mehrere Waggons als „Motorwagen“ anwenden kann,
wird das gewaltige Gewicht der gegenwärtigen Dampflokomotiven vermieden werden können,
vielmehr die Last des Zuges gleich verteilt und der Unterbau wesentlich geschont werden.
DjjLsnh-ätze.nswertestg Eigenschaft der (Nebenschluß-)Dynamomaschine
als Mot or liegt darin, daß sie bei konstanter E. M. K. der Erregung ihre Touren-
zaJhl unabhängig von der Belastung immer nahezu konstant erhält Ein Beispiel
wird diese Behauptung rechtfertigen. Der Anker einer als Motor dienenden Dynamomaschine
hätte 0-1 11 Widerstand; der Motor werde mit einer Stromquelle von E = 110 Volt kon¬
stanter Potentialdifferenz verbunden. Im Moment dieses Anschlusses würde in dem Anker
ein Strom von — = 1100 Ampere auftreten, der die Ankerdrähte direkt abschmelzen
könnte. Daraus ist zunächst zu ersehen, daß man bei Verwendung eines Elektromotors
einen „Anlaßwiderstand“ vorschalten wird müssen („Kontroller)(_der Straßenbahn-Motor¬
wagen) ;!TIeser~5nIaBwiderstand kann nach und nach äüsgeschaltet werden. Indem nämlich
der Motor in immer rascheren Lauf kommt, wirkt er gleichzeitig auch als eine Dynamo¬
maschine, er liefert eine elektromotorische Gegenkraft, sie heiße e, die, anfänglich nur
wenige Volt betragend, sich immer höher steigert und vielleicht bei normaler Tourenzahl
109-8 Volt betragen kann. Der im Anker wirksame Spannungsunterschied ist dann E — e —
110 — 109-8 =- 0-2 Volt, der Anker des Motors wird nur von etwa -^-j = 2 Ampere Strom
durchflossen. Dies wäre der Fall des „Leerlaufes“, bei dem der Motor außer der Über¬
windung gewisser Widerstände, vor allem der Reibung, keine Arbeit leistet. Belastet man nun
den Motor, indem man ihn eine Arbeitsmaschine betreiben läßt, so wird seine Geschwindig¬
keit naturgemäß anfänglich nachlassen; da aber hiedurch e sinkt, wächst (E— e) und
damit die Stromstärke im Anker und die Zugkraft des Motors. Ist letztere so groß geworden,
daß sie dem Widerstande der zu treibenden Maschine das Gleichgewicht hält, so liegt zu
einer weiteren Verminderung der Tourenzahl kein Grund vor; der Motor behält diese
Tourenzahl ganz gleichmäßig. Wäre sie nun um etwa 3°/o kleiner als beim Leerlaufe, so
wird die Gegenkraft e etwa 107 Volt betragen; es gehen nun - <>(|.| '<>^ = 30 Ampere durch
den Motor, dessen Zugkraft somit gegen früher den 15 fachen Wort hat, während die
Tourenzahl nur unbedeutend gesunken ist.
Schließt man einen in raschem Laufe befindlichen Elektromotor plötzlich durch
einen mehr oder weniger großun Widerstand — beispielsweise den Motor eines in raschem
Laufe (vielleicht bergab) rollenden Straßenbahnwagens —, so wirkt er als Dynamomaschine,
wobei die in ihm entstehende Gegenkraft den Energievorrat des Wagens bald verzehrt, so-
daß dieser rasch zur Ruhe kommt (elektrische Bremse der Straßenbahnwagen).
Zur Klarstellung dieser Verhältnisse an einem Elektromotor diene folgender Versuch:
Eine kleine Dynamomaschine werde von einer Stromquelle als Motor betrieben, wobei ein
Amperemeter in den Stromkreis eingeschaltet ist. Hält man den Anker anfänglich fest und
läßt dann den Motor anlaufen, so zeigt das Amperemeter hiebei ein Sinken der Stromstärke,
das noch beträchtlicher wird, wenn man die Drehung des Motors mechanisch befördert.
Dagegen wird die Stromstärke steigen, wenn man den Motor in umgekehrtem Sinne
mechanisch dreht.