54. Zentralbewegung. Einem Körper wird eine Anfangsgeschwindig¬
keit erteilt und derselbe sodann der Einwirkung einer Kraft überlassen, die ihn
kontinuierlich zu einem bestimmten Punkte (Zentrum) hinzubewegen strebt,
wobei jedoch die Richtung der anfänglich erteilten Geschwindigkeit mit der
Richtung zum Zentrum hin einen Winkel bilden möge. Dieser Körper führt dann
eine krummlinige Bewegung aus, die man als Zentralbewegung bezeichnet.
Dem Körper A (Fig. 87) werde in der Richtung Ax eine Anfangsgeschwindig¬
keit erteilt, zufolge welcher er in einer bestimmten Zeit z nach B gelangen würde.
Fig. 87. Wenn nun gleichzeitig die den Körper kontinuierlich
zum Zentrum 0 hinziehende Kraft den Körper in
der Zeit z von A nach C bringen würde, so müßte
er sich nach Ablauf der Zeit t in D befinden,
wobei CI) // A B und B D // A C ist. Während eines
zweiten Zeitteilchens z sollte der Körper in der
Richtung Ay den Weg DE — AD zurücklegen,
dagegen in der Richtung gegen das Zentrum von
D bis F bewegt werden. Tatsächlich würde er also
nach Ablauf des zweiten Zeitteilchens z in G sein.
Führt man diese konstruktive Betrachtung fort, so
erhält man eine durch die Eckpunkte A, D, G, K. . .
bestimmte, gebrochene Linie, die in eine stetig ge¬
krümmte Linie übergeht, wenn die Zeitteilchen z sehr
klein angenommen werden. Bei einer Zentral¬
bewegung ist also die Bahn eine gekrümmte Linie. Die Bewegungsrichtimg
des Körpers ist in jedem Punkte gegeben durch die Richtung der in diesem
Punkte an die Bahnkurve gelegten Tangente.
Bezeichnet man als Leitstrahl oder Radiusvektor des bewegten
Körpers die geradlinige Verbindung der jeweiligen Lage des Körpers mit
dem Zentrum, so gilt der wichtige Satz: Bei jeder Zentralbewegung}
überstreicht der Leitstrahl in gleichen Zeiten gleiche Flächen-/
räume (Fläehensatz).
Die Richtigkeit des Satzes erhellt aus Fig. 87. Denn es ist ^ AOD
flächengleich mit /\ D OE, letzteres aber flächengleich mit \D OG, also auch
/S^AOD flächengleich mit /\DOG. Jedes der beiden letzteren Dreiecke stellt
aber die vom Leitstrahl in der Zeit z überstrichene Fläche dar. Daher sind auch
die in der endlichen Zeit t — n.z überstrichenen Flächenräume inhaltsgleich.
Inwiefern ist auch die Bewegung eines geworfenen Körpers als Zentralbewegung
aufzufassen? Weiteres über die Zentralbewegung in Art. 148, 150 bis 152.
55. Die harmonische Bewegung. Ein kleiner materieller Körper,
z. B. eine kleine massive Kugel, führe eine kreisende Bewegung (Art. 51)
aus. Projizieren wir die Lagen 0, 1, 2... 12 (Fig. 88), welche diese Kugel be¬
ziehungsweise zu Anfang, nach 1/13,2/13. . . der Umlaufszeit auf dem Kreise
einnimmt, auf den Durchmesser Ö 6, indem wir z. B. in zu 0 6 normaler
Richtung paralleles Licht einfallen hissen und den Schatten der Kugel auf
einem normal zur Ebene der kreisenden Bewegung längs %%' (oder auch
parallel hiezu längs yy‘) aufgestellten Schirme auffangen, so nennt man die
hiedurch entstehende hin und her gehende Bewegung der Kugelprojektion (des
Schattenpunktes) eine schwingende oder harmonische Bewegung.