mehr sinnlich wahrnehmbaren, aber auch nicht mehr weiter
teilbaren, überhaupt physikalisch unveränderlichen Teilchen
bestehen, die man Massenteilchen oder Moleküle nennt. Die An¬
nahme, daß die Moleküle unveränderlich seien, nötigt uns zu der weiteren
Hypothese, daß die Moleküle sich nicht unmittelbar berühren, sondern durch
Molekularzwischenräume getrennt sind, die von den sinnlich wahr¬
nehmbaren Poren*) wohl zu unterscheiden sind.
Zu der Annahme von Molekularzwischenräumen zwingen uns unter anderem die durch
mechanischen Druck und Zug sowie durch Erwärmung erreichbare Änderung des Volumens
der Körper, die unter gleichzeitiger Erwärmung stattfindende Verkleinerung des Volumens
beim Mischen von Wasser und Weingeist, die in einer längeren, einseitig geschlossenen
Köhre zuerst übereinandergeschichtet und dann durch Schütteln gemischt werden (vgl.
damit das Mischen von 11 feinen Schroten mit 11 größeren Bleikugeln!), die Absorption
von Gasen durch flüssige und feste Körper usw.
Da wir bei der mechanischen Teilung von Körpern immer einen ge¬
wissen Widerstand fühlen, besitzen die Teilchen der Körper (also jedenfalls
auch ihre Moleküle) einen gewissen inneren Zusammenhang; würde dieser
fehlen, so müßten die Körper von selbst in ihre Moleküle wie in Staub zer¬
fallen. Wir müssen daher unsere Molekularhypothese noch durch die An-
nahme erweitern, daß die einzelnen Moleküle eines und desselben
Körpers sowie auch jene verschiedener Körper durch Kräfte (sogenannte
Molekularkräfte) gleichsam aneinandergekettet sind und es daher
erst neuer Gegenkräfte bedarf, um ihre Trennung herbeizuführen. Den Zu¬
sammenhang der Teilchen eines und desselben Körpers be¬
zeichnen wir als Kohäsion. Dagegen versteht man unter Adhäsion den
Zusammenhang zwischen den Teilchen verschiedener Körper.
Wenn man ein Stück Kreide in zwei Teile bricht und sie dann wieder mit
den Bruchflächen aneinanderdrückt, können sie nicht mehr zu einem einzigen
Körper vereinigt werden. Der Zusammenhang — die Kohäsion — an der Bruch¬
stelle ist somit völlig vernichtet. Wenn wir feinen Glasstaub auch noch so fest
aneinanderpressen, gelingt es doch nicht, daraus ein festes Stück Glas zu er¬
zeugen. Es sind daher die Molekularkräfte nur auf äußerst kleine
Entfernungen wirksam.
Als Wirkungssphäre eines Moleküls bezeichnet man jene um das Molekül als
Zentrum beschriebene Kugel, deren Radius gleich der größten Distanz ist, bis zu der die
vom Molekül auf andere Moleküle ausgeübte Kraft noch wirkt. Ihr Radius ist wahrscheinlich
kleiner als (8 TO—6) mm.
Die Molekularkräfte darf man sich aber nicht ausschließlich als
anziehende Kräfte vorstellen. Man denkt sich vielmehr, daß Molekular¬
kräfte vorhanden sind, welche die Moleküle zu nähern suchen, und solche,
die sie voneinander zu entfernen streben. Bei einer gewissen normalen
Entfernung der Moleküle halten sich beide Arten von Kräften das Gleich¬
gewicht. Bei einer Vergrößerung dieser Entfernung machen sich die Kräfte
*) Po reu lassen sich au gewissen. Körpern nicht bloß mit freiem Auge oder mit dem Mikroskope
nachweisen, sondern auch auf anderen Wegen (vgl. den im Ai't. 06 erwähnten Nachweis der Poren von
Metallen). Die ,P o r o s i t ä t, d. i. die Eigenschaft der Körper, Poren zu besitzen, ist keineswegs eine
allgemeine Eigenschaft der Körper. So ist Glas für Flüssigkeiten und Gase undurchlässig, also nicht porös*
Trotzdem muß das Glas aber Molokularzwischeni*äumo besitzen (vgl. dbn folgenden Absatz).