VI
Zur Einführung.
Genauere Würdigung der zur Darstellung herangezogenen
Quellenschriften wird vielleicht gewünscht werden. Allein es kann
nicht Schalk zum Vorwurf gemacht werden, wenn es an all dem
so sehr gebricht. Derlei Untersuchungen stehen eben noch gerade
hinsichtlich der zur Erkenntnis jener Zeitläufte meist wertvollen
Chroniken aus und werden wohl auch erst als Vorboten oder im
besten Falle in Begleitung der eben so dringend gewordenen
Neuausgaben eines Hinderbach, eines Anonymus, eines Eben-
dorffer u. a. zutage treten. Und bloß zum Zwecke der möglichst
getreuen Schilderung eines bewegten Zeitgebildes Untersuchungen
über den Quellenstand anzustellen, mag eine vom Standpunkte
strengster Kritik wohl mit Recht geforderte Vorarbeit sein, es
kann aber solcher Forderung entgegengehalten werden, daß ja
die beste Kritik sich doch gerade aus der Nebeneinanderstellung
der Berichte ergeben wird, wie Schalk sie hier vornimmt. Jeden¬
falls würde dieser Vorhalt zur Milderung jenes Gebotes beitragen.
Anderseits wieder wird zuzugeben sein, daß gerade die wichtige
Frage nach dem Alter einer Quelle, nach den Zuflüssen, die
sie speisen, u. a. m. unabhängig von dem Urteil über größere
oder geringere Zuverlässigkeit wird beantwortet werden können.
So möge Schalks quellenkritische Chronik wie er selbst
ihn genannt zu wissen wünscht — ein letzter, immerhin bemerkens¬
werter Versuch sein, mit Hilfe der Mittel, wie sie eben vorliegen,
der Wahrheit über die Geschichte Wiens gegen Ausgang des
Mittelalters so nahe als möglich zu kommen. Möge sie vor allem
zu eifriger Durchforschung der Quellengebiete anspornen und
nicht zum wenigsten zu besserer Fassung der Quellen selbst.
Dann wird Schalks letzte Arbeit, die größte, die er nach Umfang
und Inhalt überhaupt geleistet, nicht nur ein achtungsgebietender
Zoll sein, den er seiner Vaterstadt, in der er behaust und be¬
dienstet gewesen, abgestattet hat, sondern sogar ein neuer wert¬
voller Beleg dafür, daß die Schule, aus der er hervorgegangen,
auch einen Mann, der so sehr nach Selbständigkeit strebte und
dem bei alledem eine so große Neigung eigen war, sich an den
menschenfreundlichen Bestrebungen seiner Zeit auch auf öffent¬
lichem Gebiete zu beteiligen, dennoch'vermocht hat, sich die
Fesseln wissenschaftlicher Schulung gefallen zu lassen, die ihn
immer wieder emporgehoben und ihn gehindert haben, die Fahne
der Wissenschaft im Strudel der Politik zu verlieren.