Aus der Zeit des österreichischen Faustrechts 1440—1463.
20 3
Beweis für die Richtigkeit der vorhergehenden Schilderung
liefert die Kirche des heiligen Laurentius in Nieder-Hollabrunn,')
in der der verdiente Geschichtsschreiber Thomas Ebendorffer
die Taufe empfangen hatte und die einst ein so reiches Kirchen¬
gut besali wie kaum eine zweite unter den Pfarren österreichi¬
scher Dörfer. Von dieser blieb nur das Mauerwerk stehen,
die Geistlichen wurden den peinlichsten Fragen unterworfen,
in Ketten gelegt und leben «heute noch» (als Ebendorffer
schrieb im Jahre 1462), der Ehre beraubt, gefesselt in ihren
Löchern.
Um den 6. Juni 14622) ritt «Anckhlreiter» in Geldnöten
zu Erzherzog Albrecht über die Enns und kehrte am 23. Juni
wieder nach Klosterneuburg zurück. Als nun die Söldner im Täber
von Tuttendorf hörten, daß der «Anckhelrewter» nach Klosterneu¬
burg zurückgekehrt wäre, fügte sich der größte Teil der Tüchtig¬
sten von den Böhmen und von den Deutschen zu ihm und sie ver¬
langten, ihren Sold zuwegen zu bringen. Diese aßen und tranken
desselben Tages in Klosterneuburg so viel, «das sy nicht wol
waren pei irer Vernunft». Am Abend fuhren sie so angetrunken
über die Donau in den Täber zurück, legten sich nieder und
schliefen ohne Sorge. Das ward den Bürgern von Korneuburg
durch die Späher, die sie unter ihnen hatten, hinterbracht. Da
machten sie sich mit Macht auf und zogen gar still zu dem
Täber. In selber Nacht war es sehr stürmisch. Nach Unter¬
weisung der Angeber legten sie die Leitern an und begannen zu
steigen; so kamen sie in den Täber hinein, den sie am 23. Juni
gewannen; sie fanden alles im Schlafe und fingen bei 80 guter
Knechte. Dieses Ereignis fiel gerade auf den Vorabend des
Endtermins jener Waffenruhe vom 7. Februar, als Vorbote neuer
Kriegsereignisse. Allerdings folgte auch ein solcher Um¬
schwung, nicht aber brachte er den ermüdenden Kleinkrieg,
den wir bislang verfolgten, sondern einen neuen Kampf, einge¬
leitet durch die Absage eines bisher treuen Bundesgenossen des
Kaisers.
*) Dorf im Gerichtsb. Stockerau, Bezirksh. Korneuburg. Im selben Gerichts¬
bezirk liegt Haselbach, der Geburtsort Ebendorffers, den er in seiner Chronik,
am Schlüsse des Liber quartus im Abschnitte: De ortu scriptoris schildert, Pez
II, 964.
2) Anon. Rauch, 76.