Full text: Aus der Zeit des österreichischen Faustrechts 1440 - 1463

Aus der Zeit des österreichischen Faustrechts 1440—1463. 
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damit anheben, wie sie (die Wiener) auch ferner wieder irren 
werden, die Frucht zu fechsen (wir sind in der Zeit der Weinlese: 
Oktober), von der sie doch ein ganzes Jahr leben sollen Die 
Feinde fangen, schätzen und morden schon wieder die Leute, 
nehmen die Wagenrosse und anderes Gut, schlagen den Maisch 
vor den Weingärten auf die Erde und «nyetten (gemessen) und 
satten sich aller poshait»^ 
4. Diese Übel haben" darin ihren Grund, dalj sie der Kaiser 
zu den drei Parteien noch in den Landfrieden nicht wollte kommen 
lassen. Der Kaiser hatte, wie wir aus Aktenstücken des Copey- 
buches wissen, tatsächlich den Wienern jedesmal den Besuch der 
vom Adel einberufenen Landtage verboten, die dadurch zu Rumpf¬ 
landtagen wurden. Sie hatten dem Kaiser immer geraten, sie die 
Landtage besuchen zu lassen, da ohne die vier Parteien und 
einen durch sie beschlossenen Landfrieden kein redlicher Ge¬ 
horsam gegen den Regenten zu erreichen ist. 
5. Auch verlangten sie stets die Entrichtung des verdienten 
Soldes an die Söldner. 
[Darum erfolge die Absage, daÜ sie freie Hand bekämen, 
«nach dem landsfrid selber zu trachten, wann durch den 
landsfrid land und leut aufnemen». Sie wollen zu den 
drei Parteien und Ständen treten und sich mitsamt ihnen 
in den Landfrieden gebenj denn daraus können Land 
und Leute wieder in altes Wesen und gewöhnliches Her¬ 
kommen gelangen. Aus dem Landfrieden geht das Land¬ 
recht hervor und dieses schützt und schirmt wieder den 
Landfrieden und jedermann vor Gewalt und Unrecht, wo¬ 
durch dem Landesfürsten desto besser kann o-edient 
o 
werden. 
Man kann den hier ausgesprochenen edlen Gedanken von 
Friede und Recht nur zustimmen. Leider waren die damaligen 
offiziellen Vertreter dieser Ideen nur zur kleinsten Minderzahl 
Idealisten. Sie waren damals, wie es auch heute unter Führern 
Vorkommen mag, politische Geschäftsleute und Beutepolitiker. Der 
Idealismus in ihrem Munde war leider nur Vorwand, Geld und 
Macht für sich selbst zu erlangen (Egoismus), wie uns die folgenden 
Kapitel lehren werden. Aber in der Sache hatten sie recht. 
Die Wiener waren sich der Tragweite des Schrittes, den 
sie mit ihrer Absage an den Kaiser gewagt hatten, wohl be-
	        
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