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Karl Schalk.
des Ulrich Eytzinger, in Gegenwart des jungen, dreizehnjährigen
Königs Ladislaus.1)
«Befiehl,» rief Eytzinger dem König, gegen den Grafen Cilli
gewendet, zu, «daß alle nicht im Lande Geborenen von hier Weg¬
gehen. Er hat angefangen, uns wie seine Knechte auszubeuten.
Er hat mit dem Golde bezahlt, das er einmal dem, einmal
jenem abgenommen hat. Dem einen hat er Geld, dem andern
Land, dem dritten sein Weib gestohlen. Was wirst Du Bürgern
und Bauern antun, wenn wir, die Ersten des Landes, verachtet
und weggeworfen daliegen. Auf seine Mahlzeit gehen 20 Gold¬
gulden auf, rief er dem Könige zu, während auf die Deinige
10 ausgegeben werden. Auf seinem Tische ist Tafelgeschirr in
ungeheurem Goldgewichte, auf dem Deinigen kaum silbernes.
Unsere Frauen müssen für ihren Ruf und ihr Leben fürchten,
wenn sie nicht seine Konkubine verehren und ihr dienen. Seine
Konkubine Tacco hält er wie eine Königin, nachdem er ihren
Mann, einen Eurer Mitbürger, ihr Wiener, hat töten lassen!»
Der Graf hoffte, wenn er den König den ihm gefährlichen
äußeren Einflüssen zu entziehen vermöchte, sich in seiner Stellung
zu erhalten. Darum suchte er den König nach Schloß Perchtolds-
dorf zu bringen, wohin er sich mit ihm zurückzuziehen pflegte,
allein der König ging auf den Wunsch des Grafen nicht ein und
blieb in der Burg in Wien. Da kam es am Morgen vom 5. Ok¬
tober 1453 zur Katastrophe.2)
Um dem König eine Rückkehr zum Grafen abzuschneiden,
ergriff an jenem Morgen im Schlafgemach des Königs Eytzinger
das Wort sofort, nachdem der Graf gesprochen: «Ich habe im
Aufträge des Königs gesprochen,» sagte er, «der König ist selbst
anwesend, er möge mich richten. Ich werde die verdiente Strafe
tragen, wenn ich Dir, Graf, meinen und nicht den Willen des
Königs kundgegeben habe. O bester aller Könige, sprich,»
wandte er sich an diesen, «und lass’ uns nicht länger in Erwartung».
Darauf antwortete der König nach seiner Gewohnheit sanft:
«Eytzinger hat in meinem Sinne und nach meinem Willen ge-
x) Aeneas Sylvius in An. Vinci. II, 452.
2) Die Erzählung' der Vorgänge der Nacht vom 4. auf den 5. Oktober in
Aeneas Sylvius, Hist. Bohemiae, Kap. LXIII. Mir lag die nicht paginierte und
nicht foliierte Basler Ausgabe, Druck des Joh. Amerbach, e. 1480 (Hain Nr. 254
= Baer, Lager-Katalog Nr. 585), vor.