Aus der Zeit des österreichischen Faustrechts 1440—1463.
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halten . . Und als die handlung nu alle ein besliessen hett, was
es mitag [des 9. April].1) Do ward verpoten ainem yedem, das
er die sach in geheim pei im hielt. Und die umb die sach wess-
ten, der waren wol auf 600, aber vil waren der, die umb die
sach nicht wessten und verstuenden nit des Holtzer grund.»
Aus diesem sehr interessanten Bericht des Anonymus ergibt
sich auch das Bestehen einer eigentlichen, verläßlichen Albrechti-
nischen Partei in Wien gegenüber der kaiserlichen. An der Spitze
der kaiserlichen Partei standen: Simon Potel, NiclasTesch-
ler, Kristan Premier, Sebastian Ziegelhäuser, Ulreich Ker¬
ner, Wolfgang Holnbrunner und soviele andere. An der
Spitze der Albrechtinischen Partei: Laurenz Schönperger, 1
damals Stadtrichter, ein akademisch Gebildeter (scholaris), Hans
Kirchaimer, Lehrer der beiden Medizinen an der Universität,
Jörg Krempel, auch ein scholaris, und drei Bürger: Jacob
Starch, Valentin Liephart und Hans Haug, also unter sechs
drei mit akademischer Bildung; es war demnach eine Partei
der Intelligenz. Eine dritte Partei war die des Holtzer mit
seinem getreuen Kumpan und Adjutanten Ödnacker, eine Partei
der politischen Söldner, der reinen Geschäftspolitiker, die zuerst
den Kaiser und dann den Erzherzog verrieten. Es ist begreiflich,
daß Menschen von Bildung wie Schönperger, Kirchaimer,
Krempel schon das durchaus gemeine Wesen des Holtzer an¬
widerte, der, gewiß im Besitze von schlagfertigem Witz, den
einstigen Ochsentreiber doch nie verleugnen konnte.
Dieser Geistesrichtung entsprach es auch, daß er immer
eine Herde vor sich oder hinter sich haben mußte; ihr entsprach
überdies Prahlsucht auf der einen, Feigheit auf der anderen Seite.
Den Mut hatte er wohl aufgebracht, die Kaiserin mit einem Volks¬
aufzug zu schrecken, doch im entscheidenden Augenblicke zog
er sich zurück. Das ward ihm zum Verhängnis und er in seiner
Sterbestunde wie ein Stück Vieh behandelt. Was ihn dann noch
adelte, war das Bekenntnis seiner Schuld.
l) Ebendorffer, Fez II, 969, gibt folgende Daten: «Intromissio certorum
annatorum in nocte Dominicae Passionis parasceves (8. April); in vigilia
[Paschae, 9. April] caeterorum 400; propositio ad amicos in nocte prae-
fata [8. April].» Darnach sind schon in der Nacht des Karfreitags, während der
Verschwörerversammlung, einige Bewaffnete eingelassen worden, das Gros aber
erst am Karsamstag früh.