Full text: Aus der Zeit des österreichischen Faustrechts 1440 - 1463

Aus der Zeit des österreichischen Faustrechts 1440—1463. 
349 
Hofbibliothek. 
Wolfgang von Steier. 
Holczer, ut insidiae ejus occultae 
et conatus contra principem et co- 
munitatem laterent. Ideoque princeps 
ipse et comunitas civitatis penitus 
insidias et molitiones contra eos 
ignoraverunt. *) 
r) Wolfgang von Steier (Bericht D), der, wie schon oben S. 347 bemerkt, rück¬ 
schauend berichtet, kann seine Parteinahme für den Erzherzog nicht besser be¬ 
kunden, als wenn er hier die auf Albrechts Seite stehenden Kleinbürger und 
Handwerker als comunitas civitatis bezeichnet, die kaiserlich gesinnten, jetzt 
allerdings auf Holtzers Seite getretenen und so von ihm ins Verderben gezogenen 
Patrizier als Komplizen des Bürgermeisters abtut. So ganz einfach aber scheint 
die Sache nicht verlaufen zu sein. Allerdings war die herzogliche Partei über¬ 
rascht, doch scheint auch die Menge anfangs geschwankt zu haben. (L.) 
NB. Der wenn auch vielleicht nur kurze Aufenthalt der kaiserlichen Reiterei 
«auf dem Hof» und dem «Hohen Markt» sollte für das von Holtzer eingeleitete 
Unternehmen in mehr als einer Hinsicht verhängnisvoll werden. Nur eines ward 
damit erreicht, vom Bürgermeister vielleicht auch beabsichtigt. Die herzogliche 
Partei, um die nahe gelegene Burg wohnhaft, wurde früh genug auf die Vorgänge 
aufmerksam, die sich nun «am Hof» abspielten, auch das Volk selbst geriet in 
Aufregung über den Anblick einer Truppenmacht, die, um dorthin zu gelangen, 
ein gutes Stück der damaligen Stadt durchqueren mußte. Wenn die Hauptabsicht 
dahin gerichtet war, wie Wolfgang von Steier erzählt, Herzog Albrecht VI. fest¬ 
zunehmen (S. 342 III) und 347 IV) so hätte weniger Aufwand genügt, wenn das 
nicht, so war die Reiterei Ritter Tristrams überhaupt zu schwach für die Durch¬ 
führung ihrer Aufgabe. Auf alle Fälle mußte rasch gehandelt und auf keinen 
Fall durfte das Einfallstor, das Stubentor nämlich, ganz unbewacht gelassen werden. 
Würde man hier nur 50 Mann zurückgelassen haben, so hätten die rückflutenden 
Kameraden nachmals das Tor nicht geschlossen gefunden (S. 356, Sp. 1). Vielleicht 
hatte Holtzer gehofft, Herzog Albrecht durch geräuschvolles Auftreten zur Flucht 
zu bewegen. Jedenfalls aber ging mit Ansprache und Verhandlungen, die aut 
dem Hof stattfanden, viel Zeit verloren. Dann führte Holtzer seine Wehrmacht 
auf den Hohen Markt. Warum? Weil dort sein Haus stand, vor welchem 
die Reiter sogar Kampfesstellung einnahmen (S. 353 oben); das ist meine Auf¬ 
fassung. Was aber hätte eigentlich geschehen sollen? Zufolge jenes oben (S. 346, 
Anm. 1) mitgeteilten Schreibens eines Unbekannten an Kanzler Schlick war ver¬ 
einbart worden, daß die kaiserlichen Reiter und Holczers Anhang «solten das 
Stubentor haben innengehabt . . . Und dyweil sie das innenhielten, so solt der 
Grafenecker und der Baumkircher, Ungerbacher, Jhan von Teyntz komen sein 
mit 2000 mannen» usw. Und als man sich dieses Auftrages wieder besann, war 
den Reitern durch das dem Hohen Markt zuströmende Volk (S. 354, Sp. 1) der 
Rückweg derart verlegt, daß nur wenige, darunter auch Holtzer, ins F'reie ge¬ 
langten. Wie es den übrigen ergangen, wird selbstverständlich wieder verschie¬ 
den erzählt. Daß man aber vor Holtzers Haus nur deshalb ein «Rädl» bildete, 
weil der Bürgermeister für seinen Besitz gleiches fürchtete, wie er früher anderen 
bereitet hat, ist nicht abzuweisen. (L.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.