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Karl Schalk.
königlichen Knaben zu Todfeinden und Gründern feindlicher Par¬
teien in Land und Stadt werden mußten.
Als nach dem Tode des Königs Ladislaus 1457 Niederöster¬
reich neuerdings in die Erbstreitigkeiten um die Stammlande, die
zwischen dem nunmehrigen Jvfeer Friedrich IV. und dem Erzher¬
zog Albrecht VI. ausgebrochen waren, hineingezerrt wurde, mu߬
ten die unschuldig leidenden Einwohner Wiens vollends zur Ver¬
zweiflung gebracht werden.') Denn nicht genug an den großen
politischen Kriegen, die zumeist mit fremden, entmenschten, un¬
regelmäßig oder gar nicht bezahlten Söldnern geführt wurden,
tobten seit dem Antritte der Vormundschaft Friedrichs über La¬
dislaus seit 1440 fast ununterbrochen allenthalben im Lande Raub¬
fehden, die beutegierige Adelige oder Söldnerführer aus sehr
privaten Gründen führten, aber die günstige Gelegenheit benütz¬
ten, durch Anschluß an eine der politischen Parteien das Mäntel¬
chen politischer Parteigängerschaft sich umhängen zu können.
Dazu kam noch, daß Kaiser Friedrich I1J., im Innersten
Autokrat, den ständischen Einflüssen des Adels und der Landtage
sich zu entwinden suchte.2) Das war damals vielleicht sogar im
Interesse der Städte und insbesondere der Stadt Wien gelegen,
man verletzte aber dadurch die einmal bestehende Verfassung.
So unsympathisch nun auch der nur von egoistischen Raubmotiven,
von der Sucht, zu raffen und zu scharren, erfüllte Adel dem heuti¬
gen objektiven Betrachter erscheinen muß, so sehr war er damals
doch im formalen Rechte, und da er sich dem Erzherzog Albrecht
anschloß, verschaffte er diesem eine Macht, gegen die die betätigte
Barbara, Stephans Krafften von Marspach Tochter Ulreich Eizingers,
seligen Wittwe im Gew. D fol. 477b im Wiener Stadtarchiv.
*) Diese Einsicht ist den Herrschern spät genug gekommen. Sie spricht
sich in dem Motivenberichte zur Ausschreibung des für den 22. September 1463
einberufenen Landtages (Tullner Landtages) aus. Die Einladungsschreiben datieren
vom 3i. August 1463 (Copeyb. 367, Nr. L. 82). Ein treffliches Stimmungsbild für
den gesunden Menschenverstand, wie er im August 1462 sich in Wien, äußerte,
bietet Hinderbach (An. Vind. II, 601), wenn er Leute räsonieren läßt: «Multa
ex communi pace bona consequi, nihil melius statui urbis et omnium conducere:
nihil ad se pertinere, si principes inter se diutius decertare vellent,
si modo Austria tuta quietaque foret, alium sibi campum belligerandi
quajrere, id sibi omnibusque patriotis consültissimum fore.» Ein Stand¬
punkt, der geradezu zeitgemäß vernünftig anmutet.
2) Tagebuch K. Friedrichs in einem prächtigen Pergamentcodex der
Wiener Hofbibliothek in Chmel, Gesell. K. Friedrichs IV. I, 576—593. Charak-