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lieber Frauenemancipation.
einer anderen zugewendet haben, welche damit unvereinbar ist.
Niemand schlägt vor, das männliche Geschlecht vom Parlament
auszuschließen, weil ein Mann ein Soldat oder ein Matrose
im activen Dienst sein kann, oder ein Kaufmann, dessen Ge¬
schäft all seine Zeit und Thatkraft in Anspruch nimmt. Neun
Zehntel der Männer sind äs laoto durch ihre Beschäftigung eben
so wirksam vom öffentlichen Leben ausgeschlossen, als ob Las Gesetz ,
sie davon ausschlösse; aber das ist kein Grund dafür, Gesetze zu
erlassen, um diese neun Zehntel, geschweige denn um das noch
übrige Zehntel auszuschließen. Für die Frauen gilt hier genau
dasselbe wie für die Männer, Es ist nicht nothwendig durch ein
Gesetz Vorsorge zu treffen, daß eine Frau nicht in eigener Person
vie Geschäfte eines Haushaltes besorgen oder die Erziehung von
Kindern leiten und gleichzeitig ein Arzt oder Anwalt sein oder in's
, Parlament gewählt'werden dürfe. Wo die Unvereinbarkeit eine
i wirkliche ist, wird sie selbst für sich zu sorgen wissen; aber es ist
eine grobe Ungerechtigkeit, diese Unvereinbarkeit zum Vorwand der
Ausschließung derjenigen zu machen, bei denen sie nicht besteht. Und
von solchen würde sich eine sehr große Anzahl finden, wenn man
ihnen freie Wahl ließe. Das Mntterpslichten-Argument läßt seine
Vertreter im Stiche im Falle vM ledigen Frauen, eine große und
rasch zunehmende Classe der Bevölkerung, welche Thatsache — es
ist nicht überflüssig, dieses zu bemerken — dadurch daß sie die
übermäßige Concurrcnz der Massen verhindert, dazu angethan ist
das Wohl Aller erheblich zu fördern. Es giebt keinen in der
Sache selbst liegenden Grund und keine Nothwendigkeit, warum .
alle Frauen sich freiwillig dafür entscheiden sollten, ihr Leben einer
animalischen Function und ihren Folgen zu widmen. Zahlreiche
Frauen werden nur darum Gattinnen und Mütter, weil ihnen ,
keine andere Laufbahn offen sltht, kein anderer Spielraum für ihre
Gefühle oder ihre Thätigkeit. Jede Verbesserung ihrer Erziehung
und jede Erweiterung ihrer Fähigkeiten, alles was sie für irgend
eine andere Lebensweise tauglich macht, vergrößert die Zahl der- >
jenigen, denen durch die Entziehung der freien Wahl em schweres
Unrecht widerfährt. Sagen, daß die Frauen vom thätigen Leben ^
ausgeschlossen werden müssen, weil die Mutterpflichten sie dazu
untauglich machen, das heißt in Wahrheit sagen, daß ihnen jeder
andere Lebensweg verschlossen sein soll, damit der Stand^der
Mutter ihre einzige Zuflucht bleibe. '
Aber zweitens, so behauptet man, würden die Frauen, wenn
ihnen dieselbe Freiheit in der Wahl der Beschäftigungen ww den
Männern gewährt würde, jene Ueberzahl von Concurrenten noch ver-