Full text: Vermischte Schriften ; 3 : politischen, philosophischen und historischen Inhalts ; ueber Frauenemancipation, Plato, Arbeiterfrage, Socialismus / übers. von Siegmund Freud (12)

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lieber Frauenemancipation. 
liebevoll gepflegten, in ihrem Leben ein. Ihre Erziehung all 
Männer, die Entwicklung ihres Charakters und ihrer Fähigkeit« 
hing wesentlich von einer anderen Reihe von Einflüssen ab. 
Das ist jetzt anders geworden. Die fortschreitende Ver¬ 
edlung hat bei allen Machthabern, und darunter auch bei der 
Machthabern des Hauses, ein gesteigertes und immer noch sich 
steigerndes Bewußtsein ihrer Gegenverpflichtungen wachgerufen. 
Kein Mann meint heute, daß er seiner Frau nur soviel Rücksichl 
zu schenken braucht als ihm beliebt. Alle Männer von irgenl 
welcher Gewissenhaftigkeit glauben, daß die Pflichten geger 
ihre Frauen zu den verbindlichsten unter ihren Verpflichtungei 
gehören. Auch wird darunter nicht allein Schutz verstanden 
welchen die Frauen beim gegenwärtigen Zustand der Civilisatioi 
beinahe nicht mehr benöthigen, sondern Sorge für ihr Glück uw 
Berücksichtigung ihrer Wünsche, denen die Männer nicht seltc 
ihre eigenen opfern. Die Gewalt der Ehemänner hat jel 
das Stadium erreicht, in dem sich die Gewalt der Könige b 
fand, als die allgemeine 'Meinung zwar die Berechtigung d, 
Willkürherrschaft noch nicht in Frage zog, aber in der Theor 
und in gewissem Maße auch in der Praxis deren selbstische Au 
Übung verurtheilte. Dieser Fortschritt in den moralischen Gefühl! 
der Menschheit und diese gesteigerte Empfänglichkeit für die Rü< 
sichten, welche ein Mann denen schuldet, die auf ihn allein a, 
gewiesen sind, haben dahin gewirkt, das Haus immer mehr zu 
Mittelpunkt der Interessen zu machen und den häuslichen Ve 
hältnissen und der häuslichen Geselligkeit eizen immer größer« 
Antheil an den Bestrebungen und Vergnügungen des Lebens zuzi 
wenden. Diese Einflüsse wurden durch die Wandlung in di 
Sitten und Neigungen verstärkt, welche die letzten zwei oder dr 
Menschcnalter in so bemerkenswcrther Weise ausgezeichnet hc 
Es ist noch nicht gar lange her, daß die Männer an gewaltsam! 
Leibesübungen, geräuschvoller Lustbarkeit und Zechgelagen Geschmc 
fanden und damit ihre Zeit ausfüllten. Sie haben jetzt in all. 
außer den ärmsten Classen die Neigung für diese Dinge und fi 
die roheren Vergnügungen überhaupt verloren und zeigen kau 
irgend welche Geschmacksrichtung, die ihnen nicht mit den Frau 
gemeinsam wäre; zum ersten Male in der Welt sind Mann ui 
Weib wirklich Gefährten. Es wäre dieß ein sehr heilsamer Ui 
schwung, wenn die Gefährten einander gleich stünden; da sie ab 
ungleich sind, so folgt daraus (und gute Beobachter haben die Thc 
sache wahrgenommcu ohne ihre Ursache zu erkennen), eine foi 
schreitende Verschlechterung der Männer in alle dem, was m
	        
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