20
lieber Frauenemaricipation.
geübter Einfluß im Geist des Mannes jene Interessen, die sie
nicht theilt oder nicht theilen kann, zu minderer Bedeutung Herab¬
drücken, wenn nicht gar völlig vernichten.
Unsere Beweisführung bringt uns hier in Widerstreit mit denen,
welche man die gemäßigten Verbesserer der weiblichen Erziehung
nennen kann, — eine Art von Personen, welche den Pfad der Reform
in allen großen Fragen kreuzen, diejenigen nämlich, welche die alten
schlechten Principien aufrecht erhalten, aber ihre Wirkungen mildern
wollen. Diese Leute sagen, daß die Frauen nicht die Sklavinnen
oder Dienerinnen, sondern die Lebensgefährtinnen der Männer sein
sollen, und daß man sie auch zu diesem Beruf erziehen soll. (Sie
sagen nicht, daß man die Männer dazu erziehen soll die Gefährten
der Frauen zu sein.) Aber da ungebildete Frauen keine passenden
Gefährtinnen für gebildete Männer sind, und ein Mann, der an
Dingen über und außerhalb des Familienkreises Antheil nimmt,
wünscht, daß seine Gefährtin dieses Interesse mit ihm theile, so
Fmögen, sagen sie, die Frauen ihren Verstand und ihren Geschmack
r ausbilden, allgemeine Bildung erwerben, Kunst und Poesie pflegen,
k selbst ein wenig mit der Wissenschaft liebäugeln, und einige dehnen
! ihre Großmuth so weit aus zu sagen, sie mögen sich auch über
^ Politik unterrichten; das alles, nicht um diese Dinge zu betreiben,
. sondern nur soweit, als es nöthig ist, um sich für dieselben zu inter-
k essiren und mit dem Gemahl darüber eine Unterhaltung zu pflegen,
I oder zum mindesten doch dessen Weisheit verstehen und in sich
' aufnehmen zu können., Das ist gewiß für den Gatten sehr an¬
genehm; aber leider alles andere eher als förderlich. Nur weil
sie blos mit Solchen geistigen Umgang pflegen, denen sie selbst
ihre Meinungen vorschreiben können, gelangen so viele Menschen
nicht über die ersten Stufen der Weisheit hinaus. Die be¬
deutendsten Männer hören auf fortzuschreiten, wenn sie bloS
mit Schülern verkehren. Wenn sie diejenigen überflügelt haben,
welche ihre nächste Umgebung bilden, und nach weiterer Ent¬
wicklung streben, müssen sie Personen von ihrem eigenen Wüchse
aufsuchen um mit ihnen Umgang zu pflegen. Die geistige Ge¬
nossenschaft, welche zur Vervollkommnung verhilft, ist der Verkehr
zwischen thätigen Geistern, nicht die Berührung zwischen einem
thätigen und einem leidenden Geiste. Ein solcher unschätzbarer
Gewinn wird selbst jetzt mitunter erreicht, wenn durch einen seltenen
Zufall ein starkgeistiger Mann und ein starkgeistiges Weib sich ver¬
binden; und er würde viel öfter zu Stande kommen, wenn die
Erziehung sich dieselbe Mühe gäbe, starkgeistige Frauen heran¬
zubilden, als sie jetzt thut, um ihre Heranbildung zu verhindern.