Full text: Verordnung des Ministers für Cultus und Unterricht vom 26. Mai 1884, Z. 10.128

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das nicht, dem Lehrtexte zur Illustration zu dienen hat, vielmehr die Quelle ist, 
aus welcher der Schüler alles Wissen unmittelbar schöpft, wobei der Lehrtext nur 
die klare Formulierung und die Ordnung der gewonnenen Kenntnisse erleichtert. 
Das Kartenlesen und das Kartenzeichnen sind daher ein Hauptpunkt der Instructionen, 
von welchen auch eine Anregung zu erhoffen ist für die entsprechende Fortbildung 
der kartographischen Lehrmittel. Überdies war Stellung und Behandlung der mathe¬ 
matischen Geographie näher zu beleuchten. 
Hinsichtlich der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer 
hätte es für die Hauptpunkte vielleicht genügt auf die erst vor wenigen Jahren 
hinausgegebenen Instructionen für den Unterricht an den Realschulen zu verweisen; 
doch schien es mit Rücksicht auf die etwas verschiedene Stellung dieser Disciplinen 
im Gymnasium und auf das geringere Stundenausmaß für dieselben gerathener 
eigens zu erörtern, auf welchen Wegen sich hier die Ziele am sichersten 
erreichen lassen. 
So kam es insbesondere bezüglich der Mathematik darauf an, aus dem 
bereits übermäßig angeschwollenen Lehrstoffe auszuscheiden und aus dem fortwährend 
zudrängenden abzuwehren, was für den Zweck des Gymnasiums nicht nothwendig 
ist, wie groß auch das Interesse dieser Dinge für die Wissenschaft sein mag. Nicht 
die Masse, sondern die Klarheit der Begriffe und der bestimmte und strenge 
Zusammenhang derselben machen diese Disciplin für das Gymnasium wertvoll, daher 
war darauf zu dringen, dass, zumal in den Anfangsgründen, der Unterricht nach 
der höchsten Einfachheit und Anschaulichkeit strebe, dass alles Unwesentliche ausge¬ 
schieden, das Wesentliche aber desto gründlicher behandelt werde. 
Im naturgeschichtlichen Unterrichte liegt infolge der unendlichen Detail¬ 
forschung einerseits und der Aufstellung umfassender Theorien andererseits, deren 
Andringen die Lehrbücher nicht immer von sich abzuwehren vermochten, die Gefahr 
nahe, dass Umfang des Stoffes und Standpunkt der Behandlung über das Gymnasium 
hinausstrebe und dass dieser Gegenstand, statt an seinem Theile zur harmonischen 
Entwickelung der Jugend mitzuwirken, zu unfruchtbarer und unerträglicher Belastung 
des Gedächtnisses und zu Überspannung führe. Es waren also mit Bestimmtheit die 
Grenzen zu ziehen und die Wege zu weisen, um diesem für die allseitige Ausbildung 
geradezu unersetzlichen Lehrgegenstande den Charakter einer Gymnasialdisciplin 
zu wahren. 
Für den Unterricht in der Physik hatten sich die Instructionen vom 
Jahre 1849 in allgemeinen Umrissen gehalten; es erschien zweckmäßig die Sache 
näher auszuführen, um einerseits für die untere Stufe die Anknüpfung an die 
Beobachtung zu betonen, für die obere Stufe andererseits Fingerzeige zu geben, 
wie auch schwierigere Partien mit Aussicht auf günstigen Erfolg behandelt werden 
können, ohne dass der Unterricht die ihm gezogenen Grenzen überschreitet.
	        
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