Das Mittelhochdeutsche, bisher in der VII. oder VI. Classe an Gymnasien mit
deutscher Unterrichtssprache gelehrt, hat in der Unterrichtszeit, die ihm ohne
Beeinträchtigung der anderen, unstreitig wichtigeren Aufgaben des deutschen
Unterrichtes zugestanden werden konnte, namentlich in Bezug auf die eigentliche
Sprachkenntnis, nicht solche Erfolge erzielen lassen, welche der Absicht hei der
Einführung dieses Gegenstandes entsprachen und seine Beibehaltung zu rechtfertigen
vermöchten. Die literarhistorische Seite dieses Zweiges wird im übrigen Deutsch¬
unterrichte genügende Berücksichtigung finden können.
Literaturgeschichte in der bisherigen Behandlung wollte sich nicht als dem
Gymnasium gemäß erweisen; es mag versucht werden, ob sich der Gegenstand
in den Grenzen der strenghistorischen Darstellung und von allem Ästhetisieren frei
halten und dem Ganzen organisch einfügen lässt.
Der Geschichte in der III. Classe hatte der Ministerial-Erlass vom 12. August
1871, Z. 8508 nur 1 Stunde wöchentlich zugewiesen, zur ordentlichen Absolvierung
des ziemlich reichhaltigen Pensums wenig; es erscheint nur billig die drei Lehr¬
stunden auf Geographie und Geschichte gleichmäßig zu vertheilen. Die Verschiebung
der Stundenzahl zwischen der V. und VI. Classe führt dazu, dass in der V. Classe
mit der Unterwerfung Italiens unter die Herrschaft Roms abgeschlossen werden
muss. Die VIII. Classe bedurfte gleichzeitig einer Erleichterung des massenhaften
Materiales der Statistik und einer Zusammenfassung der griechischen und römischen
Geschichte, nächst der vaterländischen Geschichte des wichtigsten Theiles im gesummten
Geschichtsunterricht am Gymnasium. Eine geringe Veränderung genügt, um beides
zu erreichen.
In Mathematik ist nicht nur auf jede — im Organisationsentwurfe vom
Jahre 1849 als möglich dahingestellte — Erweiterung des Lehrstoffes verzichtet,
sondern auch zur Erleichterung eine strengere Sonderung des Wesentlichen vom
Unwesentlichen vorgenommen und so manche Einschränkung vorgezeichnet worden,
soweit dies möglich ist, ohne den diesem Gegenstände eigenthümlichen Erziehungs¬
wert zu gefährden. Denn ohne eine gewisse Höhe der Kenntnisse können die
mathematischen Erkenntnisformen nicht zum Bewusstsein und zur sicheren Verwendung
gebracht werden, und es ist deshalb unzulässig, den Inhalt des Unterrichtes unter
ein Niveau hinabzudrücken, über welchem er aus dem angeführten Grunde in allen
— unserem Gymnasium gleichartigen — Unterrichtsanstalten anderer Culturstaaten
sorgfältig erhalten wird.
Im besonderen wurde für den Unterricht im Untergymnasium die Nebenaufgabe,
auch für gewisse praktische Berufszweige vorzubereiten, auf das Unentbehrliche
eingeschränkt, um der wesentlichen Aufgabe, die geistige Fähigkeit der Schüler für
die wissenschaftliche Aufgabe des Obergymnasiums zu entwickeln, die nötkige
Förderung zu geben. Durch diese Vereinfachung der Aufgabe überhaupt ist in der
IV. Classe eine eingehendere Behandlung der Gleichungen und Probleme des ersten
Grades ermöglicht. In der V. Classe ist die Fortsetzung und Erweiterung der Lehre
von den Gleichungen des ersten Grades aufgenommen und ihr dadurch die Stelle
vor den Operationen der wissenschaftlichen (III.) Stufe angewiesen, welche ihr aus
didaktischen Gründen gebürt. In der VI. Classe kommen die Gleichungen des zweiten