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Sodann verdient der fast allgemein eingeführte Strohknüpfrahmen znr
Beschäftigung größerer (5- bis üjähriger) Kinder Erwähnung. Ich halte
denselben aber für entbehrlich und würde ihn nur in Einzelfällen znr
Anwendung empfehlen. Dagegen kann ich die allgemeine Einführung
der Muscheln und Steinchen nebst den üblichen Stäbchen als
Legestoffe nicht warm genug empfehlen.
Die Krone der Fölsing'schcn Beschäftigungsmittel ist sein
ebenso sinnreich als zweckmäßig construierter, von Fröbel's System wesentlich
verschiedener Baukasten. Ich halte diesen für so wichtig, dass ich ihm noch
einige Worte im Anhänge meines Referates zu widmen gedenke. Über das
»freie Malen« habe ich mich bereits Seite 17 ausgesprochen.
Unter Fölsing's Leitung sind auch schon eine stattliche Zahl »Klein¬
kinderlehrerinnen« theoretisch-praktisch ausgebildet worden. Interessant ist
es, dass Friedrich Fröbel mit seinem vertrautesten Freunde Middendorf
im Jahre 1844 bei Fölsing verweilte, und dass Middendorf im Jahre
1853, 6 Wochen vor seinem Tode, eine seiner tüchtigsten Schülerinnen
Fölsing zur praktischen Vollendung ihrer Bildung anvertraute. Fölsing
nimmt nur solche Schülerinnen auf, welche entschiedene Befähigung
für den Erzieherberuf, insbesondere gleichsam eine angeborene Liebe dazu
zeigen. Das ist recht so! — Die Lehre ist unentgeltlich. Der Kursus ist
einjährig.
Alle erziehlichen Bestrebungen Fölsing's gipfeln im »pädagogischen
Kränzchen«, welches jeden Mittwoch Abends stattfindet. Hier wird durch
Vorträge, durch Verallgemeinerung spezieller erziehlicher Fälle, durch Gesang
und Clnvierspiel, durch Besprechen von Spielen und des Neuesten in der
einschlagenden pädagogischen Literatur re. belehrt; es wird aufgcbant ans
das, was die Aspirantinnen im Laufe der Woche unter und mit den
Kindern zu lernen Gelegenheit hatten. Es kommen aber auch statistische
Nachrichten über das Ganze des Kleinkinderschnlwescns, Briefe von Päda¬
gogischen Freunden und Freundinnen zur Sprache, wodurch lebensfrische
Anregung in das »Kränzchen« kommt. — Am 16. Dezember 1876 war
bereits der 1000. Abend des pädagogischen Kränzchens. Fölsing hielt da
einen größeren Vortrag über die »Idee der Klcinkinderschnle« und verglich
dabei alle Bestrebungen auf diesem Gebiete.
Über die Vortrefflichkeit des Darmstädter »pädagogischen Kränzchens«
brauche ich wol kein Wort zu verlieren. Möchte doch diese Idee allerorts
ungetheilte Anerkennung und regsame Nachahmung finden! Es müßte daraus
für unser Kindergartenwesen viel Segen entsprießen. — Als einen er¬
heblichen Gewinn würde ich es erachten, wenn wir eine tüchtige
Schülerin Fölsing's als Kindergärtnerin für eine unserer
Mnsteranstalten engagieren könnten.
4. Gotha.
In Gotha besuchte ich das Seminar zur Heranbildung von Lehrer¬
innen und Kindergärtnerinnen unter Leitung des um die Kindergarten-
Idee wie um den Fortban der Fröbcl'schen Methode hochverdienten Päda¬
gogen A. Köhler. Die Anstalt ist Köhler's Eigenthnm und bildet ein
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