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schlimmste Schädigung erwächst dem Buchhandel aus der Beibehaltung
des Konzessivnszwanges, der keine Maßregel gewerberechtlichcr Natur,
sondern eine reine und unverfälschte Polizeimaßregel ist. Der Konzessions-
zwang trägt wesentlich bei zur Verelendung der Gehilfen, die durch ihn
zur lebenslänglichen Abhängigkeit verdammt sind, während er einigen
hundert privilegierten Koiizessivnsbesitzern, die zum Teil nicht einmal ge¬
lernte Buchhändler sind, ein bequemes, sorgenloses Dasein ermöglicht. Der
Konzessionszwang ist ein Hemmnis einer gesunden Entwicklung des Buch¬
handels und lieg! nicht im Interesse des Gewerbes, sondern bloß der
derzeitigen Konzessionäre. Der Gehilsentag fordert also Beseitigung des
Konzessionszwanges und Freigabe des Buchhandels für jeden ordnungs¬
gemäß ausgelernten Bnchhandlnngsgehilfen." Das klingt also ganz anders,
als der Motivenbericht der Regierung behauptet. Tatsächlich ist es ein
unerträgliches Unrecht, daß den Bnchhandlnngsgehilfen der Weg zur
Selbständigkeit von gesetzwegen versperrt wird. Das Konzessions-
sl,stein ist also, indem es den Unternehmern die Pflicht zur Initiative
nimmt, entwickl nn gsfeindlich, indem es die Gehilfen in un¬
entrinnbare Abhängigkeit stößt, antisozial. Also schlägt Herr v. Koerber
vor, daß es aufrecht gehalten werde!
Die sonstigen preßgewerblichen Bestimmungen fordern zu Bemerkungen
wenig heraus; hier hat die Erfahrung die Fassung der gesetzlichen Be¬
stimmungen schon festgelegt. Am wenigsten bin ich geneigt, mich für die
Forderung der Buchhändler cinznsetzen. daß ihnen die Belastung durch
die Freiexemplare erlassen werde. Zwischen den zu hmterlegenden
Exemplaren von Druckschriften muß unterschieden werden: Pflichtexemplare
sind jene zu nennen, deren Abgabe zum Zwecke der Bewachung der Presse
geschieht. Das sind also die periodischen Druckschriften, und von den
nichtperiodischen jene, deren Umsang drei Druckbogen nicht überschreitet
(womit die Broschürenliteratur als den Zeitungen verwandtes Element
erfaßt werden soll), von denen bei der Polizei und bei dem Staats-
anwalte mit dem Beginne der Austeilung ein Pflichtexemplar zu
hinterlegen ist. Das Pflichtexemplar ist der Stützpunkt der gesamten
Bewachung der Presse, und man könnte über dessen Nichtberechtlgung
viel sagen: aber nach der Sachlage bliebe das eine so theoretisch^ Er¬
wägung — denn auf die Überwachung der Presse verzichtet ein Staat
wie Österreich noch lange nicht — daß sie wirklich überflüssig wäre.
Worum der Streit geht, sind nicht diese Pflicht-, sondern sind die Frei-
e x e m plare (Z 28), die der Staat für bestimmte Institute zu dem
Zwecke in Anspruch nimmt, um umsonst Bibliotheken zu bekommen.
Er nimmt von jeder zum Verkaufe oder zur allgemeinen Verbreitung
bestimmten Druckschrift, die im Jnlande verlegt oder gedruckt wird (Druck¬
schriften des Verkehres ausgenommen), zwei Exemplare in
Anspruch: eines für die Hosbibliothek in Wien und das zweite für
eine bestimmte Bibliothek des Kronlandes. (Nebstdem wird von Zeitungen
und Zeitschriften auch ein Freiexemplar für die politische Kandesbehörde
und für das Ministerium des Innern beansprucht, aber das ist, matenell
betrachtet, ohne Belang, obwohl es wahr ist, daß sich die beiden Anivo-
stellen ihr Bedürfnis nach Zeitungen auch durch Abonnement befriedigen
könnten.) Gegen diese Freiexemplare (bei Druckwerken, deren Preis 20 Kr.