112
das nicht lauter Einrichtungen, um die Anständigkeit in den Zeitungen
zu ertöten, nicht durchwegs Zwangsmittel, um d,e Presse korrupt zu
machen? Nicht lauter Steuern auf die Redlichkeit, nicht lauter Prämien
aus die Verworfenheit? Wer den erstickenden Einfluß jener großen
Zeitnngsplantagen brechen will, die Macht der Gesinnungslvsigkeitsbnrgen
beseitigen, der muß vor allem die Notwendigkeit empfinden, die materiellen
Schwierigkeiten, die der anständigen Presse die Existenz so empfindlich
beeinträchtigen, zu mildern, der Presse die Möglichkeit der moralischen
Wiedergeburt schaffen. Hat Herr v, Koerber fein Wort ernst gememt, so
hat er das Bekenntnis abgelegt, daß er sich der außerordentlichen Gefahr,
die in dem Einflüsse der unredlichen, der verdorbenen Presse liegt, wohl
bewußt ist. Dieses Bekenntnis verpflichtet ihn zur Tat.
Was durch Jahrzehnte schlechte Gesetzgebung verschuldet, was so
vielfach auch eine Rückwirkung der politischen und kulturellen Zurück
gebliebenheit dieses Staates ist, das kann nicht von heute auf morgen re¬
formiert, nicht unmittelbar zum Verschwinden gebracht werden, so chev
vermag kein Gesetz zu leisten. Wohl aber vermag es der Entwicklung
Bahn zu schaffen, die Schranken zu beseitigen, die die Entwicklung unter¬
binden Kein noch so gutes Preßgesetz macht die Presse gut aber ein
gutes Preßgesetz verhindert es. daß sie schlecht bleiben muß. Das oster
reichische Parlament steht vor einer ernsten Aufgabe denn mit der Reform
des Preßgesetzes wird die Reform der Presse angebahnt.
TV