Full text: Preßfreiheit und Preßrecht

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Die Konfiskationen wegen Beleidigungen fremder Monarchen sind 
nur ein Beispiel, aber nicht der einzige Fall, wo die Konfiskation 
vorgenommen wird, obwohl die Befugnis zur Konfiskation mangelt, die 
unerläßliche Voraussetzung zur Beschlagnahme fehlt.*) Alle Konfiskationen 
wegen Aufreizung oder Beleidigung der Armee oder einer selbst¬ 
ständigen Abteilung der A r m e e sind ungesetzlich. Nach Artikel k V 
des Gesetzes vom 17. Dezember 1862 darf die gerichtliche Ver¬ 
folgung wegen des Vergehens der Aufreizung gegen die Armee oder 
gegen eine selbständige Abteilung derselben „nur mit Zustimmung 
des Kriegsministers eingeleitet werden". Da aber der 
Staatsanwalt nur konfiszieren kann, was er verfolgen kann, so kann er 
die die Vergehen gegen die Armee enthaltenden Druckschriften erst dann 
mit Beschlag belegen, wenn er sie verfolgen darf: wenn er im Besitze 
der Zustimmung des Kriegsmiuisters ist. Indem das Gesetz die Verfolg¬ 
barkeit solcher Delikte der freien Befugnis der Staatsanwaltschaft entzog, 
entzog es ihrer Befugnis auch die Beschlagnahme, denn diese ist von dem 
Versolgungsrecht nicht zu trennen. Dasselbe gilt für die Beleidigung gegen 
die Armee; hier bestimmt der Artikel Vier Novelle vom Jahre 1>62, 
der diese antimilitürischen Delikte erst geschaffen hat, daß zur Verfolgung 
die Zustimmung des betreffenden Ministers „einz nh vlen" ist. Natürlich 
braucht der Staatsanwalt die Zustimmung zur Konfiskation nicht eigens 
einznhvlen, denn die ist sein Recht, sobald er die Befugnis zur Ver¬ 
folgung erwirbt. Aber ohne diese, v o r ihr, ist jede dieser Konfiskationen 
eine Ungesetzlichkeit, ein schroffer Widerspruch gegen den Sinn des Ge¬ 
setzes, der die Konfiskation von der Verfolgung abhängig macht, sie als 
einen Akt der Verfolgung statuiert. 
*) Zu den ungesetzlichen .Konfiskationen gehören auch jene von Artikeln. dieJich 
mit einen?vom Gesetze nicht geschützten Objekt befassen. Wohl der bezeichnendste §atl 
in dieser Art ist der von den Staatsanwälten behauptete und von den (Gerichten zu- 
gestandene Schutz der gewesenen, weil toten Mitglieder des k a i s e r l > cb e n 
H anscs. Das Gesetz billigt dcnSchutzvor der Ehrsurchtsvcrlctzung zu den anderen 
Mitglieder», nämlich denen des Kaiserhauses, und die ganze Rechtsprechung 
wirkend im objektiven wie im subjektiven Verfahren basiert ans einem Jusiiz- 
ministerialerlaß ans dem Jahre 18S4, der ui Beantwortung einer „Anregung 
der Generalprokuratur meint, daß von allen Gerichten die Gesetzesstelle „anstand s- 
l o s" auch für tote Mitglieder angewcndet würde. Schon die emleitendeu Worte 
(„werden derlei Handlungen oder tätliche Beleidigungen ) des Gesetzes 
machen cs klar, daß cS sich um eine Tal an P ersone n und mcht an abstrakten Vor^- 
stellungcn handelt. Mitglieder, also Angehör ige, Teile, Glieder des kaiserlichen Hauses 
können nur lebende Niens che» sein: der vom leben Geschiedene hat mcht nur 
das Leben, sondern auch zu jeder Institution, zu icder Körperschaft die ->ugehor>gtc>t 
verloren, die er im Leben besaß. Die Tezt,erung des Gesetzes begründet temcn Schutz 
für eine ideelle Geincinschaft, sondern nur für die reale, für die, die als seiend 
zur Erscheinung kommt. Ei» Toter ist kcm Mitglied des kaiserlichen Hauses-, er 
war es. Die Auslegung, unter „andere" auch n l ch t c xrst l e r c n d c Mitglieder 
dcuu der Tod vernichtet die Eristcnz - anzusehc», ist alsov oll kommen 
falsch. Wie sie angewcndet wurde, ist bekannt: sie geht bis auf VhiUPP U von 
Spanien hinab. Wenn es aber tote Mitglieder des kaiserlichen Hauses gibt, so 
müßte es ja auch tote Kaiser geben. Da d"s *m" nE geht, w werden tote 
Kaiser - Mitglieder. Das Kreisgericht von Böhmisch Lewa hat einmal der 
K ö n i g i n - 3! e g e n t i n von S p a n i e n den Schutz des ^64 zuerrannt. fallen, 
denn die Zugehörigkeit zum taiscrlichcn Hause muß im N a m c» hervortretcn : das; 
die Rcgentin eine österreichische Erzherzogin war, muß niemand und braucht niemand 
zu wissen. .
	        
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