Full text: Der Marsch ins Chaos

zu erwerben an den Orten, in die sie auf der Suche 
nach Erwerb geraten waren ... 
Die ersten Abteilungen sind auf der Straße. Ein 
wirrer Schrei begrüßt sie. Tausend Hände heben sich, 
winken, recken sich grüßend den Männern in den 
schleißigen, zerflickten Uniformen entgegen, den 
Männern, die kleine abgewetzte Kofferchen tragen 
oder auch nur schnurumwickelte Pakete. Sturzfluten 
von Zurufen überschütten sie. Kein Wort wird ver¬ 
ständlich. Der Einzelruf wird verschlungen vom wild¬ 
aufbrausenden Meer der Schreie der Liebe, des 
Schmerzes, des Bangens, der Freude über das letzte 
Wiedersehen, der Qual des letzten Abschiedes. Noch 
ist die Masse geschlossen, noch gilt ihr Ruf der 
Gesamtheit der Marschierenden — aber nun, da sich 
diese in langen Kolonnen auf der Straße vorwärts 
zu schieben beginnen, löst sich die Menge auf. Män¬ 
ner, Weiber, Kinder laufen neben den Marschieren¬ 
den, laufen vor und zurück, Namen rufend, nach 
einem lieben Angesicht spähend. 
Landsturmrekrut Dorniger stöhnt unter der Last 
seines Koffers. Ihm hilft niemand beim Tragen. Und 
er hatte nie so schwere Last geschleppt. Wie wäre 
ein Buchhalter dazu gekommen? Gab es etwas zu 
tragen, so nahm man sich einen Dienstmann. — Er 
wechselt den Koffer von einer Schulter auf die an¬ 
dere, trägt ihn dann wieder ein Weilchen mit der 
rechten, mit der linken Hand — findet keine Art des 
Tragens, die weniger peinvoll ist. Warum man nicht 
mit der Straßenbahn fahren durfte? Welch ein Un¬ 
sinn, zu so weitem, beschwerdevollem Marsch zu 
zwingen, zu einem Marsch mit den Koffern! So hatte 
er sich den Anfang nicht vorgestellt, so nicht! 
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