Full text: Der Marsch ins Chaos

„Laß mich! Ich muß dem Kerl meine Meinung 
sagen! Wenn er schon nicht mit hinausgeht, dann soll 
er wenigstens nicht hierherkommen. Das ist eine 
Provokation! Wem verdankt’s denn der Müller, daß 
er ein Kanzleifuchs geworden ist? Wem denn? Der 
Frau vom Dienstführenden! Man weiß nicht, hat er 
sie aufgegabelt oder hat sie sich ihn aufgezwickt... 
und weil der Herr Dienstführende unter ihrem Kom¬ 
mando steht, hat er den Müller in die Kanzlei abge¬ 
schoben ... Bei ihr liegt er im Bett und ihm zahlt 
er... und deswegen braucht er nicht an die Front 
zu gehen! Ist das eine Gerechtigkeit?“ 
„Eine Gerechtigkeit ist’s nicht... aber die darfst 
d’ doch auch nicht beim Militär suchen... Aber 
machen kannst nichts. Geh’, sei g’scheit! Verdirb dir 
nicht den letzten Abend! Sing lieber mit! Hast doch 
einen so schönen Bariton!“ 
„Da hast d’ recht! Ich hab’ auch immer bei uns 
mitgesungen bei der Liedertafel... und weißt, wir 
haben eine Vereinigung gegründet gehabt, bei uns in 
Komotau, die hat in den Spitälern gesungen, damit 
die armen Soldaten eine Freud haben. Ja, und bei 
Soldatenbegräbnissen haben wir auch gesungen. Frei¬ 
lich, später nicht mehr — da sind zu viele Begräb¬ 
nisse gewesen ... Und jetzt weiß ich nicht... weiß 
ich nicht... wer einmal bei meinem Begräbnis singen 
wird ... “ 
Dorniger kam jetzt in eine weinerliche Stimmung, 
in der er am liebsten aufgeheult hätte. 
„Trink einen Schwarzen, dann wird dir gleich 
besser werden!“ Und Kirschenbauer rief nach der 
Kellnerin. 
Toller, übermütiger, wilder wurden die Soldaten. 
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