Full text: Die Schule der Zukunft

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uns liegt eines Zürcher Lehrers Doktorarbeit, die von Herrn 
Professor Meumann in Zürich genehmigt worden ist. Da 
heisst es: Die Begabungslehre ist die Charakterisierung der 
intellektuellen Fähigkeiten der Menschen, *) 
Man höre, man merke wohl! Begabung ist ein geistiges 
Vermögen. So lehrt die fortgeschrittenste herrschende Psycho 
logie. Um dieser Begabung gerecht zu werden, braucht man 
aber die Handarbeit nicht in der Schule. In der Tat hat auch 
der Doktorand alle seine Experimente nicht zu handarbeiten 
den, sondern nur an geistig arbeitenden Kindern vorgenommen. 
Wer also die Einführung der Handarbeit in die Schule 
begründen will, der kann sich nicht auf den herrschenden 
Begriff der Begabung stützen, sondern er muss einen neuen 
Begriff, einen neuen Wert schaffen. 
Die Werte der herrschenden Psychologie genügen nicht, 
denn diese Psychologie ist nur Psychologie der geistigen Natur 
des Menschen und nicht Psychologie der technischen, künst 
lerischen, sozialen und moralischen Natur des Menschen. 
Die herrschende Psychologie leidet unter denselben Fehlern 
und Mängeln wie die bisherige Schule; sie erfasst den Men 
schen nur als Teil und nicht als Ganzes, und sie sagt uns 
nicht, wie die technische, die soziale und moralische Natur 
des Menschen auf seine geistige Natur, und wie die ver 
schiedenen Seiten der Menschennatur auf einander wirken. 
Wir behaupten, es gebe nicht bloss eine geistige, sondern 
auch eine technische, künstlerische, soziale und moralische 
Begabung, und diese Arten der Begabung seien mindestens 
so wertvoll, wie die geistige. Die Menschheit hat nicht nur 
Bahnbrecher und Helden des Geistes nötig, sondern sie be 
darf ebenso sehr der Bahnbrecher und Helden der Arbeit, 
der Technik, der Kunst, der Moral, der Gesellschaft und 
des Staates. Wo stände die Menschheit ohne die grossen 
1) Experimentelle Beiträge zu einer Begabungslehre. Inaugural - Dis 
sertation von Jakob Winteler. Göttingen 1907. Dieterichsche Univ.-Buch- 
druckerei.
	        
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