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mehr, er fordert, dass die auf dem Anschauungsunterricht
fussende Lernschule zur produktiven Arbeitsschule werde.
Welcher Widerspruch zwischen theoretischer Erkenntnis
und praktischem Handeln! Der Widerspruch beweist, dass
Kerschensteiner wohl ein Praktiker, aber kein Theoretiker
der Arbeitsschule ist.
Warum beruft sich übrigens der verehrte Münchener
Kämpfer in seinem Vortrag für die Arbeitsschule auf den
Pestalozzi der Anschauung und nicht auf den Pestalozzi der
Arbeit? Etwa, weil er nur den konventionellen, den Pe
stalozzi der kirchlich - monarchischen Kompendiums - Päda
gogik, und nicht den grossen Volksfreund, Sozialpolitiker
und Sozialpädagogen kennt? Hätte er den echten, den
ganzen Pestalozzi gekannt, so würde er aus dem, den mei
sten Menschen allerdings unbekannten IV. Teile von iLien-
hard rind Gertrud*, aus dem XII. Brief an Gessner (Wie
Gertrud ihre Kinder lehrt) und aus dem «Schweizerblatt*
treffliche Sätze zugunsten der Arbeit und zur Verurteilung
der Lern- und Wissensschule zitiert haben. Die betreffen
den Hinweise und Zitate finden sich in unserm cArbeits-
unterricht$ von 1885.
Kommen wir zur Hauptsache! Pestalozzi glaubte, die
Anschauung sei das absolute Fundament aller Erkenntnis,
und der oberste Grundsatz des Unterrichtes. Dieser Pesta-
lozzische Glaube ist zum Dogma der herrschenden Päda
gogik geworden, und wird als Dogma selbst da zitiert, wo
gegen die Anschauung ein ganzer Vortrag gehalten wird.
Ist denn aber auch die Anschauung der oberste Grund
satz des Unterrichtes, und ist die Anschauung das absolute
Fundament aller Erkenntnis?
Entgegen der Autorität Pestalozzis und entgegen der
Autorität der herrschenden Pädagogik haben wir schon in
unserer Schrift von 188p mit einem doppelten Nein! Nein!
geantwortet.
Die Anschauung ist nicht das absolute Fundament aller