Full text: Die Schule der Zukunft

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So äussert sich vor 1789 in der Schweiz das Interesse 
der Herrscher an der Aufrechterhaltung der bestehenden 
Volksdummheit. Noch drei Jahrzehnte später, 1824, wurde 
nach der Niederwerfung der liberalen Revolution im König 
reich Sardinien verordnet: 
<Lesen und Schreiben darf nur lernen, wer ein Jahres 
einkommen von 1500 Franken nachweist.» 
Und noch viel später, als im englischen Oberhaus die 
erste Staatsunterstützung für die Volksschule zur Beratung 
kam, erklärte sich ein Lord dagegen mit der Begründung: 
«Wenn ein Pferd so viel wüsste, wie ein Mensch, so möchte 
ich nicht sein Reiter sein.» 
Auf weitere Beweise für die Feindschaft der Herrschen 
den gegen die Volksbildung müssen wir verzichten; 1 ) die 
gegebenen sollten aber genügen, um zu zeigen: 
I. Warum die Arbeit allen früheren Schulen fremd war. 
2. Dass das Schulwesen dem Gesellschafts- und Staats 
wesen getreulich entspricht. 
Wir sind weit entfernt, Herrn Dr. Kerschensteiner Vor 
würfe wegen seiner Unkenntnis über das Verhältnis von 
Gesellschaft, Staat und Pädagogik zu machen, denn er teilt 
diese Unkenntnis mit der ganzen bisherigen pädagogischen 
Wissenschaft. In all den berühmten und dicken Büchern 
der geschichtlichen wie der systematischen Pädagogik steht 
nichts über dieses Verhältnis. Nur wir haben schon vor 
Jahrzehnten den Frieden gestört und in unsern Reden und 
Schriften dieses Verhältnis ans Licht gezogen; wir haben 
auch 1905 den Einfluss von Gesellschaft und Staat auf die 
Pädagogik zum Gegenstand unserer Antrittsvorlesung an 
1) Weitere Beweise finden sich in unseren Schriften: 
Friedrich der Grosse und die Volksschule. Wien 1885. Pichlers 
Witwe & Sohn. 
Sozialpädagogische Streiflichter über Frankreich und Deutschland. 
Hamburg 1887. H. Carly. 
Demokratie, Wissenschaft und Volksbildung. 4. Auflage. Zürich 1918. 
Orell Füssli.
	        
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