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der Eidgenössischen Technischen Hochschule gemacht; wir
haben ferner 1910 in einem akademischen Rathausvortrage
und 1915 in einer besonderen Schrift: <Das Ziel der Er
ziehung* nachgewiesen, dass das Ziel der Erziehung bisher
von der Gesellschaft bestimmt worden ist, und wir haben
1914 zur Weihe der neuen Universität in Zürich eine Schrift
veröffentlicht: «Demokratie, Wissenschaft und Volksbildung,
ihr Verhältnis und ihr Zusammenhang», worin der Nach
weis geleistet wird, wie Wissenschaft und Volksbildung von
der Gesellschaft und vom Staate bestimmt werden, und
wie die Demokratie allezeit die Sonne der Wissenschaft und
Volksbildung gewesen ist.
7. Das soziale Bedürfnis nach Arbeitsschulen.
Wir leben im sozialen Zeitalter, und doch hat Herr
Dr. Kerschensteiner kein Wort vom sozialen Bedürfnis nach
der Arbeitsschule gesagt. Er hat nicht einmal den Ver
such gemacht, nachzuweisen, dass die von ihm geforderte
Schulreform ein Bedürfnis der modernen Gesellschaft und
des modernen Staates sei. Wenn die Arbeitsschule aber
kein soziales und politisches Bedürfnis ist, so kommt sie
sicher nicht, denn immer war das Bildungswesen so, wie
Staat und Gesellschaft es brauchten, und nicht so, wie es
Propheten und Träumer wünschten.
Da Herr Dr. Kerschensteiner das sozialpolitische Bedürfnis
der Arbeitsschule nicht nachgewiesen hat, müssen wir es tun.
In jeder früheren Gesellschafts- und Staatsform war die
Arbeit eine Sache der Unfreien. Das öffentliche Erziehungs
wesen dagegen war nur eine Angelegenheit der Freien , und
deshalb bestand kein soziales und kein politisches Bedürfnis
nach Unterricht in der Arbeit und nach Erziehung durch
die Arbeit.
Nicht einmal der Gedanke der Erziehung zur Arbeit,
oder gar der Gedanke der Erziehung durch Arbeit traten