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Und welche Werkzeuge lernt das Kind beim Zeichnen
handhaben? Bleistift und Radiergummi; — recht geringe
Werkzeuge!
Herr Dr. Kerschensteiner zieht mit vollem Recht gegen
die Lernschule ins Feld, weil sie, wie er sagt, dem « pro
duktiven Schaffen», der «aktiven Natur» und der « leben
digen Aktivität » des Kindes nicht gerecht wird.
Aber, wird denn der Zeichnungsunterricht dieser Kindes
natur gerecht?
Nein, nein! Auch der beste Zeichnungsunterricht wird
der Kindesnatur nicht gerecht, denn er wendet sich haupt
sächlich an seinen Geist, an seine Abstraktion und Vor-
stellung, und er lässt der physisch-technischen Aktivität
und Produktivität nicht genug Spielraum.
Wie anders dagegen der Arbeitsunterricht, der Werk
unterricht! Der macht das Kind mit den Werkzeugen be
kannt und übt es im Gebrauche derselben. Da lernt das
Kind handhaben Messer und Schere, Lineal und Winkel
mass, Nadel, Falzbein und Pinsel bei der Kartonnagearbeit;
da lernt das Kind brauchen Hammer und Säge, Bohrer und
Beisszange, Meissel und Hobel, Schnitzeisen und Schrauben
zieher bei der Holzarbeit; da lernt das Kind geschickt
führen die Feilen und Zangen, die Schlageisen und Hämmer
bei der Eisenarbeit, und da lernt das Kind Wunder ver
richten mit den Fingern und dem Modellierholz beim
Modellieren.
Welche reiche Welt tausendjähriger Erfahrung der
Menschheit wird dabei dem Kinde aktiv, produktiv er
schlossen! Welche gewaltige Summe von Kunstkräften wird
durch den Gebrauch dieser wundertätigen Werkzeuge im
Kinde entfesselt!
Der Arbeitsunterricht setzt eine Menge Sinne und Kräfte
des Kindes in freudige Tätigkeit. In grössere Tätigkeit
als das Zeichnen setzt er das Sehen, denn beim Zeichnen
sieht das Kind die Dinge nur von einer Seite, beim