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Kapitel II. Bedenken gegen peripatetisclie Lehren.
Gegen den Syllogismus wurden folgende Schwierigkeiten
aufgestellt (159): 1. Die praemissa maior macht die minor (die
partikulär ist) überflüssig, d. h. die zweite (die maior wird an
die zweite Stelle gesetzt) die erste. — Eine Verwechslung
des Potenziellen und Aktuellen. 2. Es ist nicht zu erkennen,
ob der Schlufssatz der gesuchte ist, quia ignoti nulla cupido
(160), und das bereits Vorhandene kann nicht nochmals vor¬
handen gemacht werden — eine Verwechslung des secundum
quid Unbekannten mit dem absolut Fremden (161; Glosse: Die
altorthodoxen Theologen stellten diesen Einwand auf, da sie
es nicht für notwendig und pflichtmäfsig hielten, dafs der
Mensch durch Beweis zur Gotteserkenntnis gelangen müsse.
Einige pantheistische Mystiker verhandelten über diesen Ein¬
wand, der an die Madhyamika erinnert, mit Avicenna. Jedes
Ding besitzt verschiedene Seiten und Arten des Seins, ohne
dadurch in eine Vielheit zu zerfallen). 3. Ein Ding kann
wesentlich verschiedene konstituierende Prinzipien besitzen, um
eine bestimmte Wesenheit zu werden. Wird eines dieser
Prinzipien mit einem anderen vertauscht, so entsteht eine neue
Wesenheit (in logischer Zerlegung von Genus und Differenz).
— Die universellen Grundsätze (163) werden durch eine einzige
Ausnahme als ungültig erwiesen.
Es gibt (171) Dinge, die einem anderen inhärieren, indem
sie jenes Substrat ganz durchdringen, und solche, die in sich
bestehen. Zur ersten Definition, der des Akzidens, bedürfen
wir nicht des peripatetischen Zusatzes „nicht wie ein Teil (des
Substrates inhärieren)“ — vgl. die Unterhaltungen (almutaralnit.
Glosse: In unserem Kommentar zuAbhari: „Führung zur Weis¬
heit“ haben wir alle fehlerhaften Definitionen des Inhärens
besprochen, und auf Grund göttlicher Eingebung — sic! eine
Eigentümlichkeit Schiräzis, vgl. die „vier Reisen“ — als richtige
aufgestellt: „Es besteht darin, dafs in einem Dinge die indivi¬
duelle Existenz identisch ist mit seiner Existenz in und an
einem anderen, nachdem dieses andere zu seiner Vollendung
im Sein gelangt ist“ — vgl. Razi und Avicenna: „Genesung
der Seele“). Der Körper ist eine Substanz, die durch den
sinnlichen Hinweis (dieses da) bezeichnet werden kann und die