Full text: Die Philosophie der Erleuchtung nach Suhrawardi (+1191)

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Das Kontingente kann weder im Zustande des Entstehens 
noch in dem des Dauerns seine Wirkursache entbehren; denn 
es bleibt seinem Wesen nach immer kontingent, also von einer 
Ursache abhängig. Das Haus bleibt freilich nach dem Tode 
des Baumeisters (Schulbeispiel!) bestehen, letzterer ist aber 
nicht die Ursache des Hauses, sondern nur seines zeitlichen 
Entstehens, des Gebautwerdens. Vielfach fallen jedoch die 
Ursachen des Entstehens und des Objektes selbst (und seiner 
Dauer) zusammen, z. B. das Gefäfs, indem es dem in ihm ent¬ 
haltenen Wasser seine eigene Gestalt verleiht. Gott ist in 
Beziehung auf alle existierenden Dinge (417) die doppelte 
Ursache des Daseins und des Dauerns. Daher mufs seine 
Einwirkung die Dinge ununterbrochen im Dasein erhalten. 
Die Getreuen von Basra, so fügt Schiräzi kommentierend 
hinzu, lehrten: Die Seelen der Sphären vereinigen sich nach 
langen Zeitläufen mit den reinen Geistern, die Körper der 
Sphären verlassend. Mit den Sphären verbinden sich dann 
einige vollkommene Menschenseelen, indem sie diese himm¬ 
lischen Körper in Bewegung setzen und in ihnen lange Zeiten 
hindurch verweilen. Dadurch erlangen auch sie mit der Zeit 
höhere, rein geistige Entelechien, so dafs auch sie sich von 
den Körpern der Sphären trennen müssen, um zum Reiche der 
Intelligenzen aufzusteigen und anderen Seelen Platz zu machen. 
In dieser Weise findet ein endloses Aufsteigen von Seelen in 
das Reich der Geister statt.1) 
i) Glosse: „Ein Materialist (Dahrit) fragte den Aristoteles: Weshalb 
hat Gott die Welt erschaffen, nachdem sie nicht vorhanden war? Ari¬ 
stoteles: Die Frage des Weshalb kann man betreffs Gottes nicht stellen 
(410).“ „In unserer Abhandlung haben wir gezeigt, dafs die alten Philo¬ 
sophen der Griechen, besonders Aristoteles und Empcdokles („Abrakles“) 
die Ewigkeit der Welt nicht gelehrt haben. Jene Lehre entstand nur, 
weil die jüngeren Philosophen die Intentionen jener alten nicht ver¬ 
standen. Empedokles brachte die bekannte Schwierigkeit auf, weshalb 
Gott in diesem Augenblicke die Welt erschuf, während er sie vordem 
nicht hervorbrachte.“ „Avicenna (412) berichtet von Themistius aus 
Aphrodisias die Lehre: Die himmlischen Substanzen üben eine Vorsehung 
betreffs der niederen aus. Dabei kann aber das Edlere nicht wegen des 
Unedleren (Irdischen) handeln. Zwischen diesen beiden Lehren suchte 
man dadurch auszugleichen, dafs man behauptete: Der nächste Zweck der 
Sphärenbewegung ist das Sublunarische. Das letzte Ziel derselben be¬ 
steht aber darin, dafs die Sphärenseelen sich dem reinen Guten ver-
	        
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