57
platonischen Idee) existieren die Seelen in einer höheren
Weise wie in der Wirkursache in einer einfachen Form, ohne
Teilung und Verschiedenheit und mit dem Notwendigsein aus¬
gestattet, nicht etwa wie die Potenz in der aufnehmenden
Materie (447). Der Kommentator Schirazi (1311f; 449) be¬
merkt: „Plato lehrte, die Seelen seien ewig. Dieses ist das
Richtige, das von keiner Seite widerlegt werden kann“. Der
Glossator Schirazi (16401) kritisiert: „Versteht der Kommentator
unter Seelen die Lebensprinzipien, insofern sie einen Körper
beleben dann hat er Unrecht, wie wir es in unserer Abhand¬
lung „Das zeitliche Entstehen der Welt“ dargetan haben.
Nach dieser irdischen Existenzform der Seele gibt es noch
zwei andere (450 Gl.), erstens die sogenannte „mittlere“, die
zwischen der materiellen und der rein geistigen Welt steht —
die meisten Seelen gelangen als Seelige oder Verdammte in
diese (die der Phantasie des Menschen entspricht) — und
zweitens die rein geistige, die dem abstrakten Denken des
Menschen parallel ist“.
Der Mensch besitzt fünf Sinnet) (451). Darin steht er
l) Glosse: „Avicenna berichtet: Aristoteles hat in dem zweiten Buche
seiner Psychologie — die Kommentatoren Themistius und Alexander führen
das Gleiche aus — gelehrt: Die sinnlich wahrnehmbaren Qualitäten können
nicht zahlreicher sein als sechzehn, die per se wahrgenommen werden, und
drei, die nur per accidens erfafsbar sind nämlich Bewegung, Kühe und
Gestalt. Daher kann es kein anderes Sinnesorgan als die bekannten geben,
da diese alle genannten Qualitäten erkennen. Dieser Beweis, dafs es nur
fünf Sinne gebe, ist jedoch ein rein induktiver. Nach Avicenna zerfällt
der Tastsinn in vier Sinne für: 1. das Feuchte und Trockene, 2. das Heifse
und Kalte, 3. das Harte und Weiche und 4. das Klebrige und Pulverisierte
(ev. Elastische und Unelastische). Andere fügen noch ein fünfte Art für
das Leichte und Schwere hinzu. In unserer Abhandlung: „Das erste
Prinzip und die Rückkehr“ haben wir die Gründe dieser Aufstellung dargetan.
Da nämlich die Sinne nur von Kontraria affiziert werden, sind nach den
Paaren der Kontraria die Arten der Sinne zu bestimmen. (Betont wird
Vor allem, dafs das Organ sich inbezug auf die wahrzunehmende Qualität
in einer ausgeglichenen, indifferenten Mischung befinden mufs, damit es
seine Objekte ohne subjektive Trübung wahrnehmen könne. Mit den
Ausführungen des Kommentators stimmen die von Faräni ca. 1486. —
Kommentar zu den Kingsteinen Faräbis — fast wörtlich überein.) Avi¬
cenna (453) erwähnt die Angaben des Aristoteles, dafs die Geier aus
'Weiter Ferne das Aas riechen. Hier könnte den Philosophen jedoch ein
Irrtum unterlaufen sein, da die Geier das Aas zunächst nur sehen und