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Die Seele kann nicht direkt, sondern nur durch Vermitt¬
lung des Pneumas mit der an sich toten Materie des Leibes
in Verbindung treten. Das Pneuma geht von der linken Herz¬
kammer aus, steigt ins Gehirn (462), bewegt sich dort zwischen
den einzelnen Hohlräumen hin und her und gelangt zu einem
Ebenmafs (Indifferenz). Dadurch wird seine diaphane Natur
abgeschwächt; es wird weniger durchsichtig und bildet daher
eine spiegelartige glatte Fläche, in der sich die Schemen der
Ideenwelt abspiegeln können. Es gleicht in seinem Bestände
den himmlischen Körpern und verhält sich wie eine Leuchte
im Herzen und in allen Gliedern, in die es durch das Blut
und die Dämpfe des Organismus geleitet wird (464). Weil
die Seelen dem Lichte innerlich verwandt sind, fliehen sie vor
der Finsternis (465). Die inneren Sinne sind keine Fähig¬
keiten in dem Sinne, wie ihn die Peripatetiker aufstellen.
Betreffs des Gedächtnisses lehrt z. B. schon Plato, dafs seine
Funktion eine Einwirkung der himmlischen Welten und der
„heiligen“ Seelen sei, die alle positiven Dinge der Vergangen¬
heit, Gegenwart und Zukunft erkennen (466). Daher stammt
also das sich Erinnern aus der Welt der „Erinnerung“ (in der
es kein Vergessen gibt. Glosse: Manche lehren, die Himmel
Rückkehr“ habe ich die Seelenwanderung besonders widerlegt (485).
„Avicenna (493) lehrt in seinem Werke: Die zehn Beweise (alhugag ala-
schara), dafs eine Seele keine rein geistige Wesensform mehr erhält, wenn
sie im Leben durch niedrige Leidenschaften zu einer materiellen („die der
Hyle gleicht“) geworden ist. Über das Fortleben der animalischen Fähig¬
keiten in der Seele nach dem Tode waren die weltlichen Gelehrten ver¬
schiedener Ansicht. Alexander von Apkrodisias (494) lehrt, dieselben
würden mit dem Leibe vernichtet, was der Lehre des Aristoteles ver¬
wandt ist. Themistius widerspricht ihm in diesem Punkte. Dieser Lehre
schliefst sich Avicenna in der Abhandlung: „Die zehn Beweise“ an, indem
er behauptet, das Glück der niederen Seelen im Jenseits sei ein schwaches.“
Schiräzi, der Glossator, sucht beide Thesen zu harmonisieren. „Die Seelen
der mittelmäfsigen Menschen, die weder schlecht noch gut sind (496)
werden: 1. entweder vernichtet wie Alexander von Aphrodisias behauptete
oder 2. werden zwischen den Finsternissen dieser Welt hin- und her¬
getrieben, d. h. zwischen den tierischen Körpern, wie es die Lehre von
der Seelenwanderung behauptet, oder 3., sie werden für eine andere
Welt von den Toten auferweckt, befinden sich dort aber in der mittleren
Stufe (der Ideenwelt), oder zwischen Himmel und Hölle, wie die Seelen
der unmündigen Kinder.“