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Full text: Der Bildungswert des altsprachlichen Unterrichtes und die Forderungen der Gegenwart

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gedeuteten Bildungswertes fruchtbar gemacht würde. Bei einer 
derartigen Behandlung würde allerdings die praktische Erlernung 
der französischen Sprache, die doch eingestandenermaßen den 
Hauptzweck bildet, ein wenig zu kurz kommen. 
Die Formenlehre und die Syntax der modernen Sprachen, 
insbesondere die des Französischen, geben an Schwierigkeit den 
antiken Sprachen nicht allzuviel nach. Man denke nur an die 
Conjugation der sogenannten verbes pronominaux, an die fragende 
und verneinende Conjugation, an die Lehre von den Negationen, 
von der Stellung der Pronomina, vom subjonctif in den ver¬ 
schiedenen Constructionen. Dabei fehlt ihr aber das so überaus 
instructive Moment der streng logischen Satzfügung, wie sie das 
Lateinische aufweist, und noch mehr die psychologische Durch¬ 
sichtigkeit des Griechischen. So ist es nicht leicht, einen Grund 
dafür zu finden, warum im Französischen die Yerba des Fürch¬ 
tens, die bei affirmativem Hauptsatze so construiert werden wie 
im Lateinischen, bei negativem Hauptsatze die Negation im 
Nebensatze nicht mehr haben (J'ai peur, que vom ne me trompiez, 
aber je 11'ai pas peur, que vous me trompiez). Die Erscheinungen 
sind hier oft zu compliciert, als dass sie sich nach einfachen 
psychologischen Gesetzen verstehen ließen. 
Hier muss ich, um Missverständnisse zu vermeiden, eine Be¬ 
merkung einschieben. Nichts liegt mir ferner, als den Bildungs¬ 
wert der modernen Sprachen herabsetzen zu wollen. Ich selbst 
verdanke dem Studium des Französischen und Englischen zu viel, 
um nicht einzusehen, dass die Kenntnis dieser Sprachen von 
hohem Werte ist. Sie erschließen zwei reiche und überaus wert¬ 
volle Literaturen, ermöglichen den internationalen wissenschaft¬ 
lichen Verkehr und erleichtern das Verständnis der geistigen 
Bewegung seit dem XVI. Jahrhunderte in hohem Grade. Hofrath 
Schipper hat in seiner Rectoratsrede*) die culturelle Bedeutung 
Englands und seiner Sprache sehr lichtvoll besprochen, und ich 
kann nur finden, dass er eher zu wenig als zuviel gesagt hat. 
!) Wien, 1901.
	        
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