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Full text: Der Bildungswert des altsprachlichen Unterrichtes und die Forderungen der Gegenwart

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der wirklich vorkommenden Formen im Auge haben und diese 
Einübung so energisch und so ausschließlich betreiben, dass 
wenig Zeit übrigbleibt, den darin enthaltenen sprachwissen¬ 
schaftlichen Bildungsstoff zu verwerten. Ebenso kommt es viel¬ 
leicht manchem Collegen bei der Satzlehre hauptsächlich darauf 
an, dass die Schüler die Regel richtig anwenden. Manche mögen 
vielleicht nicht immer daran denken, dass ein grammatisches, 
insbesondere ein syntaktisches Gesetz erst durch die Lectüre 
zum vollen Yerständnisse gebracht werden kann. Nur wo sich 
das Gesetz in der lebendigen Rede, im wirklich gesprochenen 
oder geschriebenen Satze wirksam zeigt, nur dort kann es in 
seinem wahren Wesen, in seiner vollen Lebendigkeit erfasst 
werden. Mag sein, dass der Unterricht in der Formen- und Satz¬ 
lehre nicht immer die Früchte trägt, die er tragen kann. Mög¬ 
lich aber ist es, und zahlreiche Erfahrungen haben es bewiesen, 
in den ersten zwei Jahren des griechischen Unterrichtes die 
Formenlehre gut einzuüben und die wichtigsten Regeln der 
Satzlehre beizubringen. Möglich ist es auch, daneben eine ganze 
Menge von Bildungskeimen einzupflanzen und eben dadurch 
die Schüler zu freudiger Mitarbeit hinzureißen, so dass sie die 
unvermeidliche Gedächtnisarbeit gerne und willig leisten. Eben 
wenn sie sehen, wie viel man aus einer Wortform herauslesen 
kann, wie viel bedeutende Gedanken oft in den kurzen Sätzen 
enthalten sind, an denen man die Formenlehre übt, bekommen 
sie Lust zum Griechischen und treiben es oft weit lieber als 
das Latein. 
Der oft citierte Satz von den bitteren Wurzeln und den 
süßen Früchten der Bildung braucht beim Griechischunterrichte 
gar nicht zur Anwendung zu kommen. In den Wurzeln, d. i. 
hier im Elementarunterrichte steckt so viel Interessantes, so viel 
Neues und Wertvolles, dass diese Wurzeln für die Schüler durch¬ 
aus nicht bitter sein müssen. 
Die griechische Sprache ist ein herrliches Kunstwerk. Sie 
verräth auch in ihrem Baue die unvergleichliche ästhetische Be¬ 
gabung des Griechenvolkes. Schon das Partikelpaar piv und 5s 
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