IX.
Soll derjenige, welcher ein Thier hält, unbedingt für
den durch dasselbe angerichteten Schaden einstehen, oder nur
im Falle einer schuldhaften Verletzung seiner Aufsichtspflicht?*)
Darüber kann wohl kein Zweifel sein, daß, wer wilde
oder sonst ihrer Natur nach schädliche Thiere (wenngleich etwa
mit polizeilicher Erlaubniß) hält, für den durch dieselben ver
ursachten Schaden unbedingt haften muß 2). Der Grund liegt
in der besonderen Gefährlichkeit dieser Thiere: wer
solche Thiere in den Kreis des bürgerlichen Lebens bringt,
muß die damit verbundenen Gefahren auf sich nehmen^).
I) Vgl. zu dieser Frage Steinbach S. 22 fg. — Ueber das
römische Recht Windscheid Pand. II §. 457 Nr. 3; Dernburg
Pandekt. II 8. 133 und insbes. Eisele in den dogm. Jahrb. XXIV
S. 480 sg. (gegen dessen Auffassung der L. 8 Z. 1 r,. 52 8. 3 D. nä lex.
Lynn. 9 2 jedoch Unger in Grünhut's Zeitschr. XV S. 683 Note 31.
Dernburg Note 1). Ueber das germanische Recht Stobbe III §. 202.
Brunner Ueber absichtslose Miffethat im altdeutschen Strafrechte, in
den Sitzungsberichten der Berliner Akademie XXXV S. 815 fg. 834 fg.
und jetzt Deutsche R. G. II S. 555 fg.
2) Vorausgesetzt wird hier und im Folgendem natürlich immer, daß
den Beschädigten nicht selbst die Schuld trifft. Huon guis ex enipa sua
dainnum sentit, non iotelliAitur äninnum ssntirs. U. 203 V. äs K. 3.
(Ueber die sprachliche Seite des Ausdrucks ämannm ssntirs vgl. Kalb,
Roms Juristen nach ihrer Sprache dargestellt 1890 S. 11. 12. 65. 66.)
3) Ueber die polizeirechtlichen Bestimmungen deS ädilischen Edikts
(U. 40—42 o. d. t. 21. 2 8. I ä. si ynnär. 4. 9) vgl. Lenel väiet. perp.
ß. 295. Pernice Sachbeschäd. S. 224 fg. Labeo II S. 247. 248. Bgl.
auch zürcher. Gesetzb. 8. 1875.