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Full text: Der populäre Rechtsfreund

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steiler es zuerst vor dem eigenen Bewußtsein und Gewissen, dann, wenn 
es dahin kommen sollte, vor der Behörde zu verantworten, erforderli¬ 
chen Falles auch bei Ehre und Glauben zu betheuern sich getraut. 
Wenn ein Diensthälter einem entlassenen Dienstboten aus übel ver¬ 
standenem Mitleide ein unverdient günstigesZeuguiß ertheilt, und dadurch 
eine» andern Diensthälter i» dem Zutrauen auf solch ein Zeugniß diesen 
Dienstboten aufzunehmen verleitet, so ist er für die Folgen verantwort¬ 
lich und kann deßhalb um Entschädigung und Genugthuung belangt wer¬ 
den. ES kann daher wohl der Diensthälter dem austretenden Dienstbo¬ 
ten einen durch Untreue verursachten Schaden erlassen, er darf ihm aber 
in Ansehung der Treue ein empfehlendes Zeugniß nicht ertheilen. 
Eben so wenig dürfen aber auch Diensthälter ihre» Dienstboten ein 
unverdient ungünstiges Zeugniß ertheilen, und ist der Dienstbote in einem 
solchen Falle berechtiget, darüber bei der Polizei-Direktion Beschwerde 
zu führen, und deren Beistand zur Erhaltung eines Zeugnisses nach Ver¬ 
dienst anzurufen; docss soll diese Beschwerde ohne Verzug, sogleich am 
nächstfolgenden Tage angebracht, späterhin aber nicht mehr gehört 
werden. 
Jeder Gestndehälter ist also dem Dienstboten, aus was immer für 
einer Ursache er solchen entläßt, zwar schuldig, einen Abschied zu geben, 
kann aber diejenige Eigenschaft, in Ansehung welcher er ein Zeugniß 
nicht ertheilen zu können glaubt, mit Stillschweigen übergehen, und da¬ 
her nicht verhalten werden, darin etwas gegen seine Betheuerung auf 
Ehre und Gewissen zu bezeugen*). (Dienstb. Pat. v. I. Mai 1810. 
§. 113 —118.) 
Berichtigung eines Vorurtheiles. 
§.4. Eine Hauptursache des unter den Dienstboten vergegenwärtigen 
Zeit eingerissenen SittenverderbuisseS scheint wohl die, daß die Dienst¬ 
geber in dem Wahne stehen, man sei verpflichtet, jedem Dienstboten, er 
habe sich gut oder schlecht im Dienste aufgeführt, ein gutes Zeugniß aus- 
zustelle», um ihn, in seinem weiteren Fortkommen nicht hinderlich zu 
seyu. Für diese Behauptung werden folgende Gründe angeführt: 
r>. Ein Dienstbote, dessen Sittlichkeit und Treue in 
demZeiiLnisse nicht bestätiget wird, würde keinen Dienst 
mehr finden, er wäre daher oft wegen eines Fehltrittes 
sein ganzes Leben hindurch unglücklich. 
*) Hätte sich z. B. ein Dienstbote nicht ehrlich im Dienste verhalten, so 
werden mit Übergehung dieser Eigenschaft nur die übrigen guten Ei¬ 
genschaften des Dienstboten bestätiget.
	        
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